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Potsdams Schloss dürfte der günstige Großbau in der Region bleiben.

© R.Hirschberger/dpa

Baukosten für Landtagsschloss in Potsdam: Eine positive Ausnahme

Potsdam bekam sein Stadtschloss wieder - die Bauarbeiten blieben dabei im Kosten- und Zeitplan. Alle Großbauvorhaben in Berlin und Brandenburg, ob BER, Humboldtforum oder BND-Zentrale, sind um ein Vielfaches teurer. Es geht also doch.

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Potsdam - Kein BER, keine Berliner Staatsoper oder BND-Zentrale, wo die Baukosten um ein Vielfaches explodierten: Der Wiederaufbau des Potsdamer Stadtschlosses als Sitz des brandenburgischen Landtages bleibt unter öffentlichen Großprojekten in Deutschlands Hauptstadtregion eine positive Ausnahme. Nach neuesten Zahlen des Finanzministeriums hat der Landtagsneubau bisher rund 146 Millionen Euro gekostet, wobei davon 21,9 Millionen Euro Mäzen Hasso Plattner für die historische Fassade und das Kupferdach beisteuert. Das geht aus einer jetzt veröffentlichten Antwort der Landesregierung auf eine kleine Anfrage des inzwischen verstorbenen CDU-Abgeordneten Ludwig Burkardt hervor.

Zum damaligen „Pauschalfestpreis“ von 119,6 Millionen Euro, für den der Baukonzern BAM nach dem Vertrag von 2009 das Landtagsgebäude als ÖPP-Vorhaben errichtete, kamen demnach inzwischen für das Land 27,3 Millionen Euro hinzu, was bislang nicht bekannt war. Und zwar für unerwartet gestiegene Baukosten (Grundwasser/Archäologie), nachträgliche Technik-Wünsche des Landtages als Hausherr, aber auch für ein straffes Begleitmanagement des Vorhabens (Controlling, Gutachten, Rechnungsprüfung), um gegenüber der BAM im Poker um Nachträge nicht den Kürzeren zu ziehen.

Abschließendes Ergebnis Ende 2016

Allerdings liegt die Schlussrechnung für das Landtagsschloss, in dem die 88 Volksvertreter seit Anfang 2014 arbeiten und tagen, noch nicht vor. Denn das Land und der holländische Baukonzern BAM pokern weiter um Nachforderungen der Baufirma, die nach PNN-Informationen einen Umfang von rund 16 Millionen Euro haben. Vergangenes Jahr wurde deshalb ein Schiedsgerichtsverfahren – eine Art außergerichtliche Schlichtung – eingeleitet. Dessen Ende sei nicht absehbar, heißt es nun in der regierungsamtlichen Antwort. „Es ist davon auszugehen, dass ein abschließendes Ergebnis zu den Gesamtbaukosten frühestens Ende 2016 vorliegen kann.“

Wie aus dem Papier weiter hervorgeht, hat die BAM insgesamt 197 Nachträge eingereicht, von denen 120 akzeptiert, aber 77 abgelehnt worden sind. Um 25 Nachträge davon wird demnach erbittert gefochten, etwa um 1,2 Millionen Euro für Medientechnik, oder um 549 000 Euro für einen eingebauten Mobilfunkverstärker im Gebäudeinneren, der für das Land im Festpreis drin war, aus Sicht der BAM aber nicht. „Das Thema ist hochstrittig“, heißt es in der Liste bei solchen Positionen.

Im Zeit- und Kostenplan

Trotzdem dürften nach Erfahrungen mit Schlichtungsverfahren für das Land am Ende nicht 16 Millionen Euro fällig werden, werden sich beide Seiten irgendwo dazwischen einigen. Potsdams Schloss dürfte mit absehbaren Gesamtbaukosten zwischen 150 und maximal 162 Millionen Euro nach PNN-Recherchen auf absehbare Zeit bei den Baukosten das preiswertestes Großgebäude der öffentlichen Hand in Brandenburg und Berlin bleiben. Zum Vergleich: Am Berliner Stadtschloss, das als „Humboldtforum“ wiederaufgebaut wird, ist diese Woche Richtfest. Es ist mit 75.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche zwar mehr als doppelt so groß wie das Potsdamer Stadtschloss (35.000 Quadratmeter), wird aber bereits mit kalkulierten Baukosten von 620 Millionen Euro mindestens dreimal so teuer. Oder die Berliner Staatsoper, wo beim Baubeginn 2010 mit Baukosten von 240 Millionen Euro gerechnet wurde. Ende 2014 wurden sie auf 390 Millionen Euro, inzwischen auf über 400 Millionen Euro nach oben korrigiert. Und für die Sanierung des Berliner ICC als Kongresszentrum, die der Regierende Michael Müller (SPD) präferiert, wird schon vor einer Entscheidung mit Kosten von rund 400 Millionen Euro gerechnet.

Für Brandenburgs Finanzminister Christian Görke (Linke) ordnet sich der gelungene Landtagsneubau damit in eine Reihe von Landesbauten ein, die „fast alle“ – den BER erwähnt er freilich nicht – „im Zeit- und Kostenplan liegen“, von Polizeiwachen bis zu großen Hochschulgebäuden. Beim neuen Landtag habe es „Bauverzögerungen aufgrund von Fehlplanungen oder Nachlässigkeiten nicht gegeben und die Kosten befinden sich in einem überschaubaren Rahmen“, sagte Görke. Planung und Controlling hätten gestimmt, und die Zusammenarbeit mit dem Bauunternehmen habe „weitgehend“ funktioniert.

Hintergrund: Das Potsdamer Stadtschloss

Der Brandenburger Landtag ist hinter der rekonstruierten Fassade des Potsdamer Stadtschlosses zu Hause. Der Architekt Peter Kulka orientierte sich bei dem Neubau an dem historischen Entwurf des preußischen Baumeisters Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff, der das Schloss zwischen 1744 und 1751 umbaute. Spenden ermöglichten unter anderem den Bau einer historischen Fassade, ein Kupferdach und die Wiederherstellung des Figurenschmucks. Das im Zweiten Weltkrieg beschädigte Preußenschloss am Alten Markt war in den Jahren 1959/1960 auf Anweisung der DDR-Führung abgerissen worden.

Im Inneren ist das Parlamentsgebäude ein moderner Neubau. Allerdings wurde das historische Treppenhaus von Knobelsdorff rekonstruiert. Im Erdgeschoss sind durch einen Glasboden die historischen Überreste des einstigen kurfürstlichen Speisesaals mit den Bodenfliesen zu sehen.

Nach dem ersten Spatenstich im März 2010 wurde das Gebäude im Herbst 2013 an den Landtag übergeben. Die Baukosten lagen bei120 Millionen Mark. Das neue Parlament wurde mit einem Bürgerfest im Januar 2014 eröffnet. (PNN)

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