
© Theo Heimann/ddp
Von Alexander Fröhlich: Eine Wand gegen Vattenfall
Eine Gemeinde und die Grüne Liga wollen den Kohletagebau Jänschwalde früher stoppen
Stand:
Schenkendöbern – Der Braunkohleausschuss des Landes Brandenburg wird sich am heutigen Donnerstag mit zwei brisanten Anträgen der Gemeinde Schenkendöbern (Spree-Neiße) und der Grünen Liga befassen müssen, die den Energiekonzern Vattenfall wegen seiner Pläne für den neuen Tagebau Jänschwalde-Nord in Bedrängnis bringen könnten. „Es geht uns um die Grundwasser-Absenkung, um die Folgen für die Umgebung, Risse in den Häusern und die Feuchtgebiete“, sagte René Schuster, Vertreter der Grünen Liga im Braunkohlenausschuss.
Die Gemeinde Schenkendöbern und der Umweltverband haben nun beim zuständigen Infrastrukturministerium in Potsdam beantragt, den Braunkohlenplan für den bestehenden Tagebau Jänschwalde, südlich des geplanten Nord-Tagebaus, zu ändern. Es ist ein Konkurrenzantrag zum Plan Vattenfalls für Jänschwalde-Nord. Für diesen Tagebau soll der Braunkohlenplan erst nach der nächsten Landtagswahl von einer neuen Landesregierung im vierten Quartal des Jahres 2014 beschlossen werden. Der Schenkendöberner Ortsteil Taubendorf würde nach den vorliegenden Unterlagen dann aber zu einer bewohnten Halbinsel, an drei Seiten begrenzt vom Tagebau, mit einem Abstand von nur 300 Metern zu Wohnhäusern.
Nun fordern Gemeinde und Grüne Liga, den bestehenden Tagebau Jänschwalde weiter südlich enden zu lassen als genehmigt. So solle ermöglicht werden, dass an der Tagebaukante doch eine Dichtwand gesetzt wird, mit der verhindert werden kann, dass Oberflächen- und Grundwasser aus den nördlich gelegenen Regionen in den Tagebau abfließen.
Im Raum steht auch der Vorwurf der Manipulation, weil Vattenfall und Gutachter vehement daran festgehalten hatten, dass an der Nordseite keine Dichtwand zum Schutz der Wasserhaushalts möglich sei. Tatsächlich ist dies stets nur anhand der Nordkante untersucht worden, die in der sogenannten Taubendorfer Rinne liegt. Dort gibt der geologische Untergrund keine Dichtwand her, eine Verlagerung der Abbaukante nach Süden aber schon.
Wie aus dem Schreiben von Bürgermeister Peter Jeschke hervorgeht, ist der bestehende Plan für Jänschwalde ohnehin nicht mehr zu halten. Vattenfall hat demnach mehrere Änderungen vorgenommen, „die keinen Bezug mehr zu den bisherigen Grundannahmen der Planung haben“. So solle der Förderzeitraum von 2020, was genehmigt war, auf 2025 hinausgeschoben werden. Auch hat Vattenfall mehr Braunkohle gefunden als gedacht, es geht um 14 Millionen Tonnen, im Jahr 2008 lag die Jahresförderung bei 13 Millionen Tonnen. Da mehr Kohle in dem Gebiet gefunden wurde, so die Gemeinde, müsse der Tagbau nicht bis an die nördliche Kante und bis auf die Taubendorfer Rinne ausgeweitet werden. Die Bagger könnten vorher stoppen – über geologisch für eine Dichtwand geeignetem, wasserundurchlässigen Untergrund. Zudem sei die Auslastung des Kraftwerkes Jänschwalde bereits zurückgegangen und werde sich durch die Einspeisung von Windenergie weiter verringern. Auch seien im Braunkohleplan nicht die Auswirkungen des ab 2013 einsetzenden Handels mit Emissionzertifikaten vorgesehen, was die Verstromung enorm verteuern würde. Auch der Umbau des Kraftwerkes Jänschwalde zur Pilotanlage zur Abscheidung von Kohlendioxid sei nicht berücksichtigt worden, obwohl der Bedarf der Anlage bis 2020 dadurch enorm sinke. Daneben sei der vermehrte Transport von Kohle aus dem sächsischen Tagebau Reichwalde zu befürchten. Auch fehle eine Arbeitsplatzprognose bis zum Auslaufen des Tagbaus Jänschwalde.
Aktuell muss Vattenfall auch bei den Schutzmaßnahmen nachbessern. So erweisen sich die Schutzmaßnahmen für die sogenannten Lasszinswiesen, einem Feuchtgebiet am Westrand des Tagebaus Jänschwalde, als nutzlos. Aus den Feuchtwiesen fließt das Wasser in den Tagebau ab, da dieser auch dort nicht mit einer Dichtwand abgeschottet wurde. Vattenfall muss daher unterirdisch aus dem Wiesengebiet abfließendes Wasser oberirdisch wieder in das Gebiet über ein kompliziertes Brunnensystem zurückpumpen. Sonst droht das Feuchtgebiet auszutrocknen. Doch unterirdisch fließt deutlich mehr Wasser aus der Region in den Tagebau ab, als zuvor berechnet. Vattenfall kam daher nun nicht umhin, beim Land Brandenburg offiziell zu beantragen, jährlich 10 Millionen Kubikmeter Grubenwasser zusätzlich in die Wiesen pumpen zu dürfen. Und zwar auf unabsehbare Zeit. Ein ähnlicher Fall, so Schuster von der Grünen Liga, drohe am nördlichen Rand, wenn dort keine Dichtwand eingezogen werden sollte. Dass diese Wand dann auch Braunkohlebagger stoppen würde wäre für Gemeinde und Umweltverband ein gewünschter Nebeneffekt.
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