Brandenburg: Elfjähriger das dritte Mal beim Dealen ertappt Drogenhändler in offenem Heim untergebracht
Berlin - Er ist erst elf Jahre alt, zumindest sagt er das, und zum dritten Mal beim Rauschgifthandel in Berlin erwischt worden. Innerhalb einer Woche.
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Berlin - Er ist erst elf Jahre alt, zumindest sagt er das, und zum dritten Mal beim Rauschgifthandel in Berlin erwischt worden. Innerhalb einer Woche. Fahnder haben ihn mit szenetypischen Drogenkügelchen – wie sie beim Straßenverkauf von Heroin üblich sind – aufgegriffen. Wie sein zwölfjähriger Komplize soll er in einem Heim leben. Der Junge gilt als staatenlos, woher er kommt, ist ungeklärt, vermutlich aus einem palästinensischen Flüchtlingslager im Südlibanon. Sein ein Jahr älterer Kumpel ist libanesischer Herkunft. Am Sonntag trafen Polizisten die beiden im U-Bahnhof Schönleinstraße in Berlin-Kreuzberg.
Wie vergangenen Dienstag und Donnerstag hatten die beiden die verpackten Kügelchen mit gebrauchsfertiger Drogenmenge bei ihrer Festnahme verschluckt. Der Elfjährige soll unbestätigten Angaben zufolge in einer Jugendeinrichtung in Berlin-Zehlendorf wohnen. Da es keine geschlossenen Heime gibt, kann er kommen und gehen, wann er will. Schon in den vergangenen Jahren sind in Berlin dealende Kinder erwischt worden. In ihrem Buch „Das Ende der Geduld: Konsequent gegen jugendliche Gewalttäter“ schrieb die bekannte Berliner Jugendrichterin Kirsten Heisig kurz vor ihrem Freitod: „Die Kinder wachsen weitgehend unkontrolliert in diesen kriminellen Strukturen auf.“ Gemeint sind arabisch-kurdische Großfamilien aus dem Südosten der Türkei und dem Libanon. Heisig sprach von der „arabischen Drogenmafia“, die Kinder aus palästinensischen Flüchtlingslagern im Libanon nach Deutschland schicke, wobei ihnen die Schleuser im Flugzeug die Papiere abnähmen, damit sie etwa von Tegel aus nicht gleich zurückgeschickt werden könnten. Sie plädierte für geschlossene Heime für minderjährige Straftäter.
Bisher sind in Berlin nur offene Betreuungseinrichtungen für kriminelle Kinder vorgesehen. Mit Ausnahme der CDU lehnen alle Parteien im Abgeordnetenhaus geschlossene Heime ab und fordern stattdessen eine bessere Überprüfung bestehender Angebote. Sandra Scheeres, jugendpolitische Sprecherin der SPD, fordert, die Betreuungseinrichtung sollten mit Sanktionen arbeiten, damit Kinder nicht in ihr altes Millieu zurücklaufen könnten. Margit Barth (Linke) kritisierte die Träger der offenen Einrichtungen: „Da wird vom Senat viel Geld bereit gestellt. Ich habe Zweifel, ob die Arbeit dann auch entsprechend ist.“ Einzig CDU-Politikerin Emine Demirbüken-Wegner ist für die Unterbringung minderjähriger Straftäter in geschlossenen Heimen: „Wenn die Kinder kommen und gehen, wie sie wollen, sind die Betreuungseinrichtungen sinnlos.“ Zusätzlich müsse mehr in Hilfen wie Familienerholung und Jugendarbeit investiert werden.
Die Kreuzberger Jugendstadträtin Monika Herrmann (Grüne) winkt ab. In ihrem Zuständigkeitsbereich wurden die beiden Jungdealer aufgegriffen. „Mit mehr Hausaufgabenhilfe kommt man da nicht weiter“, sagte sie. Auch ein „Kinderknast“ sei nicht hilfreich. Bei den aktuellen Fällen handle es sich um organisierte Drogenkartelle. Die Kompetenz des Jugendamtes sei hier überschritten. Herrmann fordert mehr Polizeikontrollen. SPD-Innenpolitiker Thomas Kleineidam spricht gar von einer „perfiden Form des Kindesmissbrauchs“. In Jugendämtern ist man frustriert. Solche Kinder seien nur schwer aus ihrem Milieu zu lösen. Amtsmitarbeiter würden bedroht. Einige bekämen Polizeischutz. In den Behörden, so Richterin Heisig in ihrem Buch, heißt es: „Man kann kein Kind zwangsweise aus einem arabischen Clan nehmen. Die Familien erschießen jeden, der das versuchen sollte.“Sidney Gennies, Hannes Heine
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