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Kriminalfälle in Brandenburg: Entführer von Storkow bestreitet Tat
Der 46-Jährige war trotz einschlägiger Vorstrafen Gast in einem Berliner Schützenverein - und schoß dort mit einer Ceska. Ob es neue Regeln für solche Fälle braucht, wird jetzt diskutiert.
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Berlin/Storkow - Die Ermittler beißen bei dem in Untersuchungshaft sitzenden Entführer von Storkow weiter auf Granit. Bei den Vernehmungen und beim Haftrichter verweigerte er die Aussage. Allerdings hat er gegenüber den Beamten und auch vor Gericht angedeutet, dass er sich als unschuldig ansieht. Das sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) am Donnerstag. Die Ermittlungen dauern weiter an. Mehrere mögliche Verstecke in den Wäldern rund um Berlin und Wohnungen wurden durchsucht. Auch Personen, mit denen Mario K. zu tun hatte, werden befragt. „Wir wollen mit weiteren Beweismitteln die Indizienkette verdichten“, sagte der Sprecher.
Der 46-jährige Mario K. soll im Oktober 2012 in Storkow einen Berliner Investmentmanager entführt und ein Jahr zuvor zwei Überfälle auf Mutter und Tochter einer Berliner Millionärsfamilie in Bad Saarow verübt haben. Am Dienstagabend nahmen Spezialeinsatzkräfte der Brandenburger Polizei den Mann im Berliner Ortsteil Köpenick fest.
Mario K. war von Januar 2011 bis 2012 trotz einschlägiger Vorstrafen Gast in einem Berliner Schützenverein und hat dort zweimal im Monat Schießübungen gemacht – mit einer Pistole der Marke Ceska, baugleich mit der Tatwaffe. Der Vorsitzende des Innenausschusses in Berlin, Peter Trapp (CDU), findet es bedenklich, dass Gastschützen im Verein einfach so „Probe schießen“ dürfen, ohne dass Genaueres über sie bekannt ist. Wenn so Kriminelle in Übung bleiben können, ohne einen Waffenschein zu besitzen und ein Führungszeugnis vorlegen zu müssen, dann sei das eine Lücke, die geschlossen werden müsse. Auch bei der Schießabteilung des Polizeisportvereins (PSV) in Wannsee war der Vorsitzende erstaunt: „Es gibt wohl Vereine in Berlin, wo man als Gast sofort scharf schießen kann. Bei uns ist das nicht möglich“, sagt Heiko Zeletzky. Jeder Verein handhabe das unterschiedlich. In welchem Verein Mario K. als Gast geschossen hat, gab die Polizei nicht bekannt. Auch Dieter Großhans von der Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat arge Bedenken, wenn man als Gast im Schützenverein scharf schießen kann. Dass dies überhaupt möglich ist, ohne ein Polizeiliches Führungszeugnis vorzulegen, sei offenbar nicht zu unterbinden. Laut Innensenat ist es erlaubt, „eine Waffe auf einer Schießstätte lediglich vorübergehend zum Schießen auf dieser Schießstätte“ ohne Waffenerlaubnis zu erwerben. Eine Schießerlaubnis sei ebenso nicht erforderlich.
Polizeivertreter aus Berlin und Brandenburg lobten am Donnerstag die gute Zusammenarbeit in dem Fall. Tatsächlich kam nach der Entführung des Millionärs Stefan T. im Herbst 2012 der erste Hinweis auf Mario K. aus Berlin. Er gehörte zu 40 möglichen Tätern, wurde im Oktober vernommen, seit Januar 2013 als Verdächtiger geführt und über Monate observiert. Ins Visier geriet er wegen seiner Vorstrafen. Er kam 1997 wegen gefährlicher Körperverletzung und unerlaubten Waffenbesitzes zu drei Jahren und neun Monaten in Haft. In den Jahren 2003 und 2004 hatte er als Einsiedler auf einer Sumpfinsel in den Gossener Wiesen am Seddinsee in Köpenick gehaust, war in Jachten eingebrochen und hatte diese angezündet. Ein Gericht verurteilte ihn zu fünf Jahren Haft. Ein typischer Einzelgänger, geboren in Saßnitz, aufgewachsen in Marzahn, arbeitete als Dachdecker, fiel früh durch Gewalttaten auf, lebte von Hartz IV, war bestens trainiert für das Leben unter freiem Himmel. Ermittler berichten, er habe Reiche gehasst – und wollte selbst reich sein.T. Buntrock, A. Fröhlich
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