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Brandenburg: Erdbeeren oder Fischstäbchen
Tiefkühl-Obst aus China soll flächendeckend die Welle von Brechdurchfall ausgelöst haben. Daran aber bestehen Zweifel, denn es gibt eine weitere Spur
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Potsdam - Bei der Suche nach dem Auslöser für die massenhaften Magen-Darm-Erkrankungen gibt es offenbar zumindest eine heiße Spur: Tiefgekühlte Erdbeeren sind nach Angaben der eigens eingerichteten Task Force von Bund und Ländern sehr wahrscheinlich der Grund für die bislang größte von Lebensmitteln ausgelöste Welle von Brechdurchfall in Deutschland. Das teilte das brandenburgische Verbraucherschutzministerium am Freitagabend mit. Als möglicher Erreger kommen nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) inzwischen Noroviren infrage. Sie konnten einem beträchtlichen Teil der Patienten nachgewiesen werden. Allerdings könnten andere Erreger, etwa bakterielle Toxine, noch nicht völlig ausgeschlossen werden.
Doch zumindest an einigen der mittelmärkischen Schulen scheinen die Erdbeeren offenbar nicht der Auslöser gewesen zu sein. So sind nach Aussage von Eltern an zwei Schulen in Stahnsdorf (Potsdam-Mittelmark) an den betreffenden Tagen Fischstäbchen und Kartoffelpuffer mit Apfelmus gereicht worden. Das Fischgericht hatten Behörden zunächst ebenfalls als einen möglichen Auslöser im Visier gehabt – neben dem Grießbrei mit Erdbeeren. Die beiden Stahnsdorfer Einrichtungen mussten in der vergangenen Woche zwei Tage geschlossen bleiben.
Die Spur mit den Erdbeeren habe sich ergeben, weil mindestens zehn der in Ostdeutschland betroffenen Küchen des Caters Sodexo entsprechenden Chargen erhalten haben, sagte hingegen eine Ministeriumssprecherin. Diese Küchen hätten die Erdbeeren in der vergangenen Woche in unterschiedlicher Form zubereitet und abgegeben. Auch in Sachsen-Anhalt und Sachsen wurden die verdächtigen Chargen demnach verwendet. Zu den Infektionen sei es wahrscheinlich in Einrichtungen gekommen, die diese Tiefkühlware vor dem Servieren als Nachspeise nicht vollständig erhitzt hätten, hieß es. Wenn gefrorene Erdbeeren nur aufgetaut oder zu schwach erhitzt würden, könnten nicht alle Keime sicher abgetötet werden. Noroviren gelten zum Beispiel als besonders kälteresistent und hitzebeständig.
Untersuchungen in Sachsen ergaben zudem, dass insgesamt 44 Tonnen Tiefkühl-Erdbeeren von einem Direktimporteur über den Hamburger Hafen aus China bezogen wurden. Auf Anraten der zuständigen Behörde in Sachsen wurde unverzüglich die Sperrung der Charge veranlasst und die Rücknahme der Lieferung eingeleitet. Mit der nun gefundenen Ursache werde ausgeschlossen, dass Hygienemängel in den Küchen für die Erkrankungen verantwortlich seien, sagte Brandenburgs Gesundheits- und Verbraucherministerin Anita Tack (Linke). Vor gut einer Woche waren bundesweit mehr als 11 000 Menschen, darunter überwiegend Schulkinder, an Erbrechen und Durchfall erkrankt. Betroffen waren die Bundesländer Brandenburg, Berlin, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. In Brandenburg wurden insgesamt 3 500 Fälle gemeldet.
Das RKI hatte umgehend begonnen, nach dem verantwortlichen Lebensmittel zu suchen und dazu insgesamt vier sogenannte Fall-Kontroll-Studien initiiert. Dabei waren Erkrankte und nicht Erkrankte befragt und die Speisepläne von betroffenen und nicht betroffenen Einrichtungen ausgewertet. In Brandenburg wurden Lebensmittel, die unter Verdacht standen, möglicherweise die Krankheiten ausgelöst zu haben, in der letzten Woche umgehend sichergestellt und umfassende Laboruntersuchungen von den Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsämtern sowie Gesundheitsämtern veranlasst. Der Caterer Sodexo hatte zudem alle Küchen angewiesen, die noch vorhandenen Waren sicherzustellen und seit dem 1. Oktober ausschließlich neue Waren verwendet. Der Landkreis Potsdam-Mittelmark gilt als der am stärksten betroffene in Brandenburg, dort waren insgesamt 1007 Menschen erkrankt, darunter 972 Kinder. Inzwischen seien aber alle erkrankten Kinder wieder gesund, so Aulich. Auch im Krankenhaus muss in Brandenburg kein Kind mehr behandelt werden. Ariane Lemme
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