Brandenburg: „Erhebliche Defizite“
Sogar Regierungsberater kritisieren jetzt die Brandenburger Umweltpolitik
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Potsdam - Obwohl Brandenburg mit Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) von einem Ex-Umweltminister geführt wird, gerät die SPD/CDU-Regierung wegen Rückständen beim Umweltschutz immer stärker in die Kritik. Jetzt rügt selbst der offizielle „Nachhaltigkeitsbeirat“ des Landes deutliche Defizite. Das geht aus dem dem Tagesspiegel vorliegenden Abschlussbericht des Expertengremiums unter Vorsitz des Potsdamer Klimaforschers Manfred Stock für diese Legislaturperiode hervor. Dort wird in der Sache weitgehend die kürzlich in einem „Schwarzbuch“ komprimierte wie differenzierte Kritik aller namhaften Umweltverbände bestätigt, die die SPD gleichwohl als „Schwatzbuch“ abgetan hatte. Der 57-Seiten-Bericht, der Empfehlungen für den „Weg zu einer Modellregion Nachhaltige Entwicklung“ gibt, wird Umweltminister Dietmar Woidke (SPD) am Montag übergeben.
Das 25-köpfige Gremium war 2007 von der Regierung selbst einberufen worden, um sich für den Klimawandel beraten zu lassen. Nun mahnen die Experten etwa in der Energie-Politik, wo Lausitzer Braunkohlekraftwerke zu den hohen CO2-Emissionen in Deutschland beitragen, Korrekturen an der Landesenergiestrategie an. Die setze einseitig auf die CCS-Technologie zur unterirdischen Endlagerung von CO2 und „verkenne möglicherweise den Umfang der noch ungelösten technischen Fragen“. Nötig seien auch „Alternativszenarien als Plan B“, falls die technologische Reife nicht rechtzeitig gelinge. Unterlasse man dies, „könnten Zweifel daran aufkommen, ob die im Zusammenhang mit CCS diskutierten Risiken ernst genommen werden.“
Das schon jetzt niederschlagsarme Brandenburg ist stärker vom Klimawandel als andere Länder betroffen: Wasser wird knapper, es drohen häufiger Dürren und extreme Hochwasser. Trotzdem werde nicht genügend getan, um Wasser in der Landschaft zu halten, so der Bericht. Selbst das neue Wassergesetz berücksichtige das nicht. Es gebe „erhebliche Defizite“, es fehle an „einer abgestimmten offensiven Auseinandersetzung mit der Entwicklung der Wassermengen- und Beschaffenheitssituation in den Brandenburger Seenregionen.“
Auch beim Naturschutz sei Brandenburg entgegen dem Eigenlob der Regierung danach kein Musterland: „Die biologische Vielfalt in Brandenburg ist in vielerlei Hinsicht gefährdet.“ 50 Prozent der Arten seien gefährdet, zehn Prozent vom Aussterben bedroht. Ursachen seien die Intensiv-Landwirtschaft, aber auch „das Abrücken der Forstwirtschaft vom Ziel naturnaher Strukturen“. Der Bericht warnt vor einem weiteren Ausbau des Genpflanzen-Anbaus. Das Land sei dort bereits deutscher Spitzenreiter. Die Experten bemängeln zudem die von der Regierung seit 1999 durchgesetzten Einschnitte im Naturschutz: „Die derzeitige personelle, strukturelle und finanzielle Ausstattung der Naturschutzbehörden wird den wachsenden Aufgaben in keiner Weise gerecht.“ Thorsten Metzner
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