zum Hauptinhalt

Brandenburg: Erschwertes Comeback

Von der CDU als Ministerin abserviert, will Barbara Richstein ihren Wahlkreis gewinnen – trotz Gegenwinds aus der Parteizentrale

Stand:

Von der CDU als Ministerin abserviert, will Barbara Richstein ihren Wahlkreis gewinnen – trotz Gegenwinds aus der Parteizentrale Von Thorsten Metzner Falkensee - Keine Frage zu Jörg Schönbohm, auch keine zu Stoiber. Barbara Richstein wird das erst bewusst, als Hessens Ministerpräsident Roland Koch nach Berlin aufgebrochen ist, der Saal sich geleert hat. Niemand hat bei der mit 200 Gästen gut besuchten Veranstaltung im Hotel „Bayerischer Hof“ in Falkensee das Wutthema der letzen Wochen mit einer Silbe erwähnt, das auch den Wahlkampf der früheren Brandenburger Justizministerin, Landtagsabgeordneten und CDU-Bundestagskandidatin im Wahlkreis Oberhavel/Havelland überschattete. „Es flaut ab, zum Glück“, sagt Barbara Richstein. „War doch ein guter Abend, oder?“ Klar, das tut der Unionskandidatin gut: Der Andrang war größer als erwartet, die Sitzplätze reichten nicht mal. Gut zwei Drittel CDU-Mitglieder und Anhänger, ein Drittel Neugierige, schätzt die 39-Jährige, die selbst freundlichen Beifall für ihren Auftritt erhielt. Besonders für diesen Satz: Die Union werde die nötigen Reformen in Deutschland durchsetzen, „aber nicht in kapitalistischer Manier, sondern sozial und familiengerecht.“ Ein junges Mädchen kommt nach der Veranstaltung zu Richstein, bietet spontan Hilfe an. „Die CDU interessiert mich. Und Frau Richstein ist einfach sympathisch“, sagt Susann Lachnitt, 17 Jahre, Schülersprecherin an einem örtlichen Gymnasium. Den Rest erledigte der Wahlhelfer aus Hessen, routiniert-rhetorisch, kein Fehltritt auf dem Glatteis der Ost-Befindlichkeiten. Selbst den zwei, drei jungen Linken am Eingang, die vor Bundeswehreinsätzen in aller Welt unter einer Kanzlerin Merkel warnten, nahm Roland Koch den Wind aus den Segeln. „Mit Zustimmung der Union werden keine deutschen Truppen in internationale Konflikte geschickt.“ Tosender Beifall. Wenn alle Tage so liefen, wäre die Welt der Barbara Richstein in Ordnung. Eine junge Politikerin auf dem Sprung in den Bundestag, wofür sie – ohne Absicherung auf der CDU-Landesliste – den Wahlkreis direkt holen müsste. Was ihr schon einmal, bei der Landtagswahl im Herbst 2004, völlig überraschend gelang – auch da gegen den Trend. Und doch sind Richsteins Chancen dramatisch gesunken. Der Grund – Jörg Schönbohm. Der CDU-Landeschef und Innenminister, der sie einst zur Justizministerin machte und dann bei der Kabinettsbildung im Herbst 2004 abservierte, hat Richstein mit seinem Proletarisierungs-Fauxpas wohl erneut den Boden unter den Füßen weggezogen. Sie bekam sofort zu spüren, dass die Union in der Mark in der Wählergunst gegenüber dem Juni um 12 Prozent abstürzte, auf magere 21 Prozent: Die Prognose des Internetportals „election.de“ sieht im Wahlkreis inzwischen ihre SPD-Kontrahentin Angelika Krüger-Leißner klar vorn, im Juni war es noch Richstein. Wie groß ist da die Wut? „Es ist schwerer geworden. Mehr nicht“, sagt Richstein. Selbst nahe stehende Parteifreunde sind verblüfft, wie souverän, wie gelassen sie geblieben ist und: wie loyal gegenüber Schönbohm. Trotz allem. Klar, die Vize-Landesvorsitzende – sie wurde im Sommer mit dem besten Ergebnis wiedergewählt – hat sich öffentlich von seinen Thesen distanziert, zu Schönbohms Ärger sogar als eine der ersten in der engeren CDU-Spitze. Aber das war“s dann auch. „Ich teile seine Ansichten nicht. Er hat sich entschuldigt. Das muss man respektieren“. Sie habe sogar, heißt es in ihrem Umfeld, manche Woge „Schönbohm-muss-weg“ an der Basis geglättet. Nein, Richstein sieht sich nicht auf verlorenem Posten: Sie setze weiter auf Sieg. „Die Chancen stehen immer noch Fifty-Fifty“. Man muss in diesen Tagen, wo jedes Wort aus der Brandenburger CDU-Spitze genau registriert wird, auf Zwischentöne hören: Dann spürt man schnell, dass sich etwas verändert hat in der bislang von Parteichef Schönbohm dominierten Landespartei. Der selbstbewusste Satz Richsteins fiel ganz beiläufig. „Die CDU war nie eine One-Man-Show und ist auch keine.“ Man sollte, sagt ein Christdemokrat, „Barbara Richstein nicht unterschätzen.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })