Ursachensuche: Es brennt nicht nur beim Brandschutz
Der Senat lehnt die Übernahme der Verantwortung für das Flughafendesaster ab. „Das ist keine politische Entscheidung“, sagte Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) im Ausschuss für Umwelt und Stadtentwicklung.
Stand:
„Ich wundere mich auch über das späte Eingreifen des Vorstands der Flughafengesellschaft.“ Gerüchte, der Brandschutz sei nur eine vorgeschobene Ursache für die Terminverschiebung, wies Müller zurück. „Nach meinem Kenntnisstand ist der Brandschutz der einzige Grund.“ Insider allerdings sehen das anders und nennen weitere unvollendete Baustellen am neuen Flughafen.
SPRINKLERANLAGE
Nach Informationen eines Firmenvertreters, der auf der Baustelle tätig ist, haben die Planer auf einen wesentlichen Teil der Sprinkleranlage für das Terminal verzichtet, um den vereinbarten Kostenrahmen einzuhalten. Außerdem sollen viele Brandschutzklappen bei Rauchalarm nicht automatisch schließen.
Eine doppelt ausgeführte Sprinkleranlage und automatisch öffnende Brandschutzklappen seien im Brandschutzgutachten für den Flughafen vorgesehen, aber von den Planungsbüros nicht berücksichtigt worden, in der Hoffnung, bei der Endabnahme werde der Gutachter ein Auge zudrücken. Doch diese Strategie ging offenbar nicht auf. Die Flughafengesellschaft hat sich bisher nicht zu diesen Vorwürfen geäußert.
BRANDSCHUTZTÜREN
Besonders heikel war das Problem mit den Brandschutztüren. Diese müssen auch über die Brandschutzanlage zentral gesteuert werden, was noch nicht funktioniert haben soll. Der Flughafen wollte deshalb befristet zusätzliches Personal für die Zeit nach der Eröffnung einstellen, um die rund 3000 Türen zu bedienen. „Das kann mal passieren bei einer Wartung oder einem Tag der offenen Tür. Aber das darf kein Dauerzustand sein“, sagte Stefan Loge, Landrat von Dahme-Spreewald. „Alles, was über einen Tag hinaus geht, sehen wir nicht als genehmigungsfähig an.“ Bereits am 4. April hatte die Flughafengesellschaft den entsprechenden Antrag auf „Nutzung vor Fertigstellung“ gestellt. Die kann aber laut Bauordnung nur erteilt werden, wenn „wegen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung Bedenken nicht bestehen“. Seine Behörde habe dem Flughafen die Betriebserlaubnis verweigert, weil Unterlagen fehlten. „Vor allem fehlte ein schlüssiges und handlungsfähiges Konzept für die Vernetzung aller Sicherheitsanlagen, nicht nur für den Brandschutz“, sagte Loge. Daher hält es der Landrat, dessen Baubehörde mit bis zu sieben Mitarbeitern in einem Container auf der BER-Baustelle vertreten ist, die Verschiebung des Eröffnungstermins für richtig. „Alles andere wäre unverantwortlich, daher war es eine ehrliche Entscheidung. Diese Variante ist ein Kompromiss vor dem Super-Gau“. Dann hätte er „auf der Zielgeraden sagen müssen, ich gebe das Ding nicht frei“.
COMPUTERPROGRAMME
Kabel sind gelegt, Rechner angeschlossen, Programme eingegeben. Aber das elektronische System, an das am Flughafen so gut wie alle Bereiche angeschlossen sind, läuft nicht rund. Nach Angaben von Insidern gibt es immer noch eine extrem hohe Absturzquote. Dies führt dazu, dass es Staus beim simulierten Einchecken ebenso gab wie Störungen beim Öffnen der Türen. Die Anlage soll es unter anderem schaffen, nur die Türen zugänglich zu machen, durch die Passagiere nach dem Verlassen des Flugzeuges gehen dürfen. Dabei muss auch noch unterschieden werden, ob die Fluggäste kontrolliert werden müssen oder nicht. Derzeit öffnen und schließen die Türen aber häufig nicht wie vorgesehen. Von 100 vorgesehenen Prozessen funktionieren derzeit nach Angaben von Insidern lediglich 50 bis 60 Prozent; zu wenig, um einen Flughafen reibungslos am Laufen zu halten. Hier seien rechtzeitige Abstimmungen versäumt worden, die für das System unbedingt erforderlich seien.
GEPÄCKSORTIERUNG
Auch hier hat der Probebetrieb gezeigt, dass Koffer und Taschen nicht dort angekommen sind, wo es vorgesehen war. Die Flughafengesellschaft hat stets betont, Ziel des Tests solle es sein, Schwachstellen aufzudecken und abzustellen. Nach Informationen dieser Zeitung treten die Pannen aber immer noch häufig auf. Intern sei bereits nach den Tests etwa beim Check-in, bei der Gepäckabfertigung oder beim Boarding deutlich auf Problemen hingewiesen worden, wie aus Kreisen verschiedener Airlines zu erfahren war. Die Flughafengesellschaft wies diese Darstellung zwar offiziell zurück. Bei anderen deutschen Flufhäfen gingen aber nach Informationen dieser Zeitung deutliche Hinweise aus Berlin ein, dass auch die Gepäckabfertigung am BER nicht reibungslos funktioniere. Airlines und Anschlussflughäfen wurden auf Arbeitsebene gewarnt, sie sollten sich auf enorme Probleme mit Fliegern und falsch geschicktem Gepäck in Massen aus Berlin einstellen.
CHECK-IN
Zweifel gibt es auch, ob die Zahl der Check-In-Schalter ausreichen wird. Bei den Tests habe es Probleme beim Check-In gegeben, die Passagiere könnten nicht schnell genug abgefertigt werden. Bereits nach den ersten Erfahrungen im Probebetrieb hatte sich die Flughafengesellschaft entschlossen, die Anlagen zu erweitern. Für rund 2,5 Millionen Euro sollte gleich zur feierlichen Eröffnung des nach eigener Einschätzung modernsten Flughafens Europa Passagiere in einem Leichtbauwerk direkt neben dem repräsentativen Glaspalast abgefertigt werden und den Sicherheitsbereich passieren. Diese Anlage war offiziell als Reserve deklariert; Experten sagen jedoch, sie hätte auf jeden Fall genutzt werden müssen.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: