Von Thorsten Metzner: „Es sind Irritationen entstanden“
Finanzminister Helmuth Markov (Linke) im Kreuzverhör der Opposition zur Haushaltssperre
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Potsdam - Am Ende waren Parteifreunde und SPD-Koalitionäre sichtlich erleichtert: Helmuth Markov, Brandenburgs Linke-Finanzminister, seit Wochen wegen seiner umstrittenen Haushaltssperre unter Beschuss, in Erklärungsnot geraten und immer dünnhäutiger geworden, hat zumindest das geschafft: Er blieb diesmal ruhig, er ließ sich nicht provozieren, als er am Donnerstag beim Showdown, auf der von der Opposition erzwungenen Sondersitzung des Finanzausschusses im Landtag ins Kreuzverhör zu Hintergründen, dem desaströsen Management und Folgen der Sperre genommen wurde. Eine Sondersitzung, die in fast drei Stunden genügend Ritual-Schlagabtausch zwischen rot-roter Koalition und Opposition aus CDU, Grünen und FDP, in der Sache aber kaum Neues und Erhellendes brachte.
Markov selbst lehnt eine Aufhebung weiterhin strikt ab. Sie sei „maßvoll“ und „weiter notwendig“, sagte er. Ohne diesen Schritt sei ein ausgeglichener Haushalt zum Jahresende nach wie vor „nicht gewährleistet“. Allerdings räumte er erstmals, wenn auch vage, Defizite im Management ein, nachdem wochenlang Ministerien die Sperre unterschiedlich ausgelegt hatten, er die Notwendigkeit selbst nicht plausibel begründen konnte. Er würde künftig eine solche Sperre präziser formulieren. „Es sind Irritationen entstanden. Das bedaure ich außerordentlich.“ Tapfer sekundierte ihm Ulrich Hartmann, Haushaltsabteilungsleiter im Finanzministerium, der bei der Erarbeitung der Verfügung im Urlaub war, sich danach wohl auch die Haare raufte, mit gequälter Miene: Er hätte zwar „einige Details“ anders gemacht, „am Ergebnis hätte das nichts geändert“. Er stehe zu dieser Sperre, so der zur Loyalität verpflichtete Beamte. Nun ja.
Nach aktuellen Prognosen des Finanzministeriums droht immer noch eine Lücke von 119 Millionen Euro, die nicht durch die für 2010 genehmigten Kredite über 650 Millionen Euro gedeckt ist. Während Rot-Rot den Minister in Schutz nahm, er im Ausschuss auch offene Rückendeckung von Rechnungshofpräsident Thomas Apelt erhielt, sah sich die Opposition bestätigt. Für Grünen-Fraktionschef Axel Vogel bleibt die Sperre ein „Witz“. Der Minister habe damit nach eigenen Zahlen 68 Millionen bei einem Etat von 10,5 Milliarden eingespart. „Das hätte man anders machen können, ohne das ganze Land zu verunsichern.“ Die Unruhe habe dazu geführt, dass weit mehr Investitionen auf Eis liegen als eigentlich von der Sperre betroffen. Vogel sieht sich auch im Verdacht bestärkt, dass nur noch aus „Gesichtswahrung“ die Sperre nicht aufgehoben wird. „Keiner weiß, wie die tatsächliche Lage ist“, sagte der CDU-Finanzexperte Ludwig Burkardt. Die FDP-Abgeordnete Marion Vogdt hält an ihrer Rücktrittsforderung an Markov fest, wie sie nach dem Ausschuss auf Nachfrage sagte. Während der Sitzung fiel das Reizwort nicht. SPD und Linke wiederum warfen der Opposition einen Schlingerkurs vor: Es sei „verkehrte Welt“, wenn CDU, FDP und Grüne – die stets Ausgabekürzungen gefordert hätten – einem rot-roten Finanzminister nun seinen Sparkurs vorhielten. Die Sperre sei „unpopulär, aber korrekt und ehrlich“, so der SPD-Finanzexperte Mike Bischoff.
Was noch kommt? Widersprüche etwa zu Folgen der „Abrechnungs–Affäre“ bei der brandenburgischen Landesfirma Lasa, wegen der Brandenburg derzeit kein Geld aus dem Europäischen Sozialfonds erhält. Laut Markov sind sich Finanz- und Arbeitsministerium einig darin, dass 77 Millionen Euro, eigentlich geplant, 2010 nicht kommen. Man rechnet mit einer Überweisung 2011. Das Arbeitsministerium ging noch am Montag freilich optimistisch davon aus, dass die 77 Millionen Euro aus Brüssel doch pünktlich fließen. Und es mehren sich Signale, dass Brandenburg fest geplante, vom Land nur vorfinanzierte ESF-Gelder – es geht um 7 bis 15 Millionen Euro – infolge der Affäre ganz verlieren könnte. Brandenburg bekäme nahtlos das nächste Politikum.
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