Brandenburg: Europavertrag treibt Rot-Rot in die Krise Abstimmungsverhalten: Keine Einigung im Senat
Berlin - SPD und Linke stehen vor einem Konflikt, der sich zu einer ernsthaften Regierungskrise entwickeln könnte: Der Senat hat sich auch gestern nicht auf das Abstimmungsverhalten Berlins zum EU-Reformvertrag am Freitag im Bundesrat geeinigt. Erst kurz vor der Sitzung der Länderkammer will der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) entscheiden, ob er gegen den Willen des Koalitionspartners dem Vertrag zustimmt.
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Berlin - SPD und Linke stehen vor einem Konflikt, der sich zu einer ernsthaften Regierungskrise entwickeln könnte: Der Senat hat sich auch gestern nicht auf das Abstimmungsverhalten Berlins zum EU-Reformvertrag am Freitag im Bundesrat geeinigt. Erst kurz vor der Sitzung der Länderkammer will der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) entscheiden, ob er gegen den Willen des Koalitionspartners dem Vertrag zustimmt. Zurzeit sei Wowereit noch „ambivalent“, verlautete gestern aus Koalitionskreisen.
Die Hoffnung auf eine Annäherung der Positionen habe sich leider nicht erfüllt, sagte Senatssprecher Richard Meng nach der Sitzung des Kabinetts. Die sozialdemokratischen Senatsmitglieder sprachen sich dafür aus, dem Vertragswerk von Lissabon zuzustimmen. Die beiden anwesenden Senatorinnen der Linken waren dagegen. Der Wirtschaftssenator und Bürgermeister Harald Wolf (Linke) ist noch auf Dienstreise in China. Der Koalitionsvertrag sieht bei fehlender Übereinstimmung im Senat vor, dass sich das Land Berlin im Bundesrat der Stimme enthält.
Darauf pocht jetzt die Linke. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Regierende Bürgermeister trotzdem mit Ja stimmt“, sagte gestern Klaus Lederer, Landeschef der Linken. Wowereit könne sich in diesem Fall nicht auf seine Richtlinienkompetenz berufen. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts haben Ministerpräsidenten bei der Stimmabgabe ihres Landes im Bundesrat kein Weisungsrecht. Dem Vernehmen nach überlegen die Linken, dass ihr Bürgermeister Wolf am Freitag mit in die Sitzung geht, um notfalls Wowereits Ja-Stimme mit einem Nein zu neutralisieren. Das entspräche dem Brandenburger Stimmverhalten 2002 beim Zuwanderungsgesetz.
Vorläufig suchen beide Koalitionsparteien nach einem friedvollen Ausweg aus der Misere. Morgen will sich die Linksfraktionschefin Carola Bluhm noch einmal mit Wowereit treffen. Allerdings hegt die SPD-Führung keine großen Hoffnungen auf eine Einigung in letzter Minute. Zumal der Landesausschuss der Berliner Linken, das höchste Gremium nach dem Parteitag, am Montagabend mit einem demonstrativen Beschluss die Ablehnung des Lissabonner Europavertrags bekräftigt hat.
Durch Zugeständnisse der SPD in anderen strittigen Fragen will sich die Linke ihr Nein auch nicht wegkaufen lassen – schon mit Blick auf den Bundesparteitag am Wochenende. „Der könnte einem offenen Konflikt im Berliner Senat noch zusätzliche Umdrehungen geben, die sich bei uns keiner wünscht“, hieß es in Parteikreisen. Funktionäre der Linken schließen nicht einmal aus, dass die Parteibasis das Ende von Rot-Rot fordert, sollte Wowereit dem EU-Vertrag zustimmen. In jedem Fall werde dann der Koalitionsausschuss einberufen, wahrscheinlich auch ein Sonderparteitag. CDU, Grüne und FDP im Abgeordnetenhaus forderten Wowereit gestern erneut auf, sich in der Europafrage gegen die Linke durchzusetzen. Elmar Brok, CDU-Abgeordneter im Europaparlament, der an allen Europaverträgen seit 1996 mitgearbeitet hat, nannte den Streit zwischen SPD und Linken „erschreckend“. Ulrich Zawatka-Gerlach
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