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Von Thorsten Metzner: Ex-Verfassungschef soll beim Stasi-Check helfen

Überprüfungskommission des Landtags ist komplett / Irritationen über verschwundene Spitzel-Hinweise

Potsdam - In Brandenburg wollen die Landtagsparteien Ungereimtheiten bei der Stasi-Überprüfung des ersten Nachwende-Parlaments 1991 klären lassen, die erst jetzt bekannt wurden. Grünen-Fraktionschef Axel Vogel sprach sich am Dienstag dafür aus, dies der Enquete-Kommission zur Aufarbeitung der Stolpe-Ära zu übertragen, die die „Jamaika-Opposition“ aus Grünen, CDU und FDP gerade vorbereitet. „Das Thema ist dort gut aufgehoben.“ Da es um die Integrität des ersten brandenburgischen Parlaments gehe, müsse dies „schnellstens geklärt werden“, sagte auch CDU-Chefin Johanna Wanka.

Auslöser sind überraschende Auskünfte der Stasi-Unterlagenbehörde: Die hatte 1991 danach bei der Überprüfung der damals wie heute 88 Parlamentarier 17 Bescheide mit Hinweisen auf Stasi-Verstrickungen verschickt. Nur von 12 Fällen ist aber im Abschlussbericht der beiden kirchlichen Vertrauenspersonen, des evangelischen Generalsuperintendenten Günter Bransch und des katholischen Monsignore Karl-Heinz Ducke, vom 29. November 1991 die Rede. Beide nahmen im Auftrag des Landtages die Stasi-Überprüfung vor. Die Differenz der fünf Befunde kann sich bislang niemand erklären, was für Spekulationen sorgt. Ducke selbst schließt nicht aus, dass es Bagatellfälle waren.

Das vermutet auch der frühere Landtagspräsident Herbert Knoblich (SPD), der allerdings betont: „Das alles lag damals ausschließlich bei der Kommission.“ Offenbar ist Knoblich selbst einer der „Fünf“: Er erinnerte daran, dass es bei ihm einen – erfolglosen, aber dokumentierten – Anwerbeversuch der Stasi gegeben hatte, „einen sogenannten IM-Vorlauf“, was er damals nach der Stasi-Überprüfung auch öffentlich gemacht habe. „Es könnte sein, dass solche Fälle die Differenz erklären.“ Der über Brandenburgs Grenzen hinaus am heftigsten debattierte Fall, der des ersten Ministerpräsidenten Manfred Stolpe (SPD), den die Stasi als IM „Sekretär“ geführt hatte, war erst später bekannt geworden. Alle Unterlagen der 1991er Stasi-Überprüfung liegen heute in einem Panzerschrank des Landtags. Bislang sieht die Landtagsverwaltung juristisch keine Handhabe zur Einsichtnahme.

Nach fast zwei Jahrzehnten Pause wird der Landtag am Donnerstag zum zweiten Mal die eigene Stasi-Überprüfung beschließen. Wie berichtet, haben sich alle Fraktionen auf ein gemeinsames Gesetz geeinigt. Und jetzt auch auf die Überprüfungskommission, die am Donnerstag gewählt werden soll: Ihr sollen die Stasi-Beauftragte Ulrike Poppe, Hansjörg Geiger, Ex-Direktor der Birthler-Behörde, später Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz und des Bundesnachrichtendienstes, der Oberkirchenrat und frühere Stasi-Auflöser David Gill und Helmut Müller–Enbergs angehören, Wissenschaftler bei der Birthler-Behörde. Über alle vier besteht Konsens im Landtag.

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