Brandenburg: Experten: Deutschland braucht Braunkohle nicht Energieriese Vattenfall wird die Ausstiegsdebatte nicht los, darf aber bei CCS hoffen
Potsdam - Mitten in der Debatte um das Ende der Braunkohle, kann sich der Energiekonzern Vattenfall zumindest Hoffnung für seine CCS-Projekte machen. Die engen Fristen für Demonstrationsvorhaben könnten entzerrt werden.
Stand:
Potsdam - Mitten in der Debatte um das Ende der Braunkohle, kann sich der Energiekonzern Vattenfall zumindest Hoffnung für seine CCS-Projekte machen. Die engen Fristen für Demonstrationsvorhaben könnten entzerrt werden. Die brandenburgische CDU-Politikerin und parlamentarische Staatssekretärin Katherina Reiche (CDU) sagte den PNN: „Wir sind auf einem guten Weg.“ Auch Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums deuteten an, in den Gesprächen über den umstrittenen Entwurf für das CCS-Gesetz „sei noch Bewegung drin“. Der Entwurf soll nach dem bisherigen Fahrplan voraussichtlich noch im September in das Bundeskabinett eingebracht werden. Reiche sagte: „Wir streben für den 28. September ein Gesamtpaket an, das alle Energieträger umfasst, auch Kohle.“
Mit der CCS-Technologie soll das bei der Verstromung von Braunkohle oder in der Industrie anfallende Klimagas Kohlendioxid (CO2) abgeschieden und unterirdisch gespeichert werden. Der Energiekonzern Vattenfall plant ein CCS-Demonstrationskraftwerk in Jänschwalde und will das CO2 in Ostbrandenburg lagern.
Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) und der schwedische Staatskonzern hatten die im Gesetzentwurf bislang festgelegten Fristen als untauglich kritisiert. Diese seien wegen der Zeiträume für die Erkundung unterirdischer Speicher, das Erstellen der Planunterlagen, für das Planfeststellungsverfahren und Gerichtsprozesse unrealistisch. Bis Ende 2015 sollen bescheidfähige Anträge für CCS-Demonstrationsprojekte vorliegen, bis Ende 2017ein Evaluierungsbericht erstellt werden. Dass dieser wegen des engen Zeitrahmens „ins Leere läuft“, davor warnte Christoffers wiederholt. Im neuen Energiekonzept der Bundesregierung wird die CCS-Technologie ausdrücklich als Schlüsselprojekt erwähnt, um den CO2-Ausstoß bis 2050 um 80 Prozent zu verringern. In Deutschland sollen demnach bis 2020 zwei der europaweit förderfähigen CCS-Demonstrationsvorhaben mit Dauerspeicherung entstehen.
Ob das die Braunkohle in der Lausitz noch rettet, ist aber weiterhin alles andere als fraglich. Immer mehr Wissenschaftler zweifeln am Sinn der Kohleverstromung mitsamt CCS-Technik. Am Mittwochabend forderte Felix Christian Matthes vom Öko-Institut Berlin bei einer Veranstaltung in der brandenburgischen Landesvertretung in Berlin, der Kohleabbau in der Lausitz müsse wegen des Klimawandels bis 2050 drastisch gesenkt werden. Nur wenn die Förderung des Energieträgers um etwa 80 Prozent zurückgehe, lasse sich bis 2050 eine kohlendioxidarme Wirtschaft erreichen, erklärte Matthes. „Die heutige Braunkohleförderung wird es in dem Umfang in Jahr 2040 nicht annähernd mehr geben – ob mit oder ohne CCS.“ Matthes hält CCS für die Reduzierung des CO2-Ausstoßes zwar für wichtig. Für die bei Braunkohleverstromung – die klimaschädlichste Energiequelle überhaupt – anfallenden CO2-Mengen seien die Kapazitäten aber zu gering. „Wir haben auch ein Ressourcenproblem unter der Erde.“ Vielmehr sei CCS ein Thema für die Industrie. „Die Braunkohle hat es in Zukunft sehr schwer und wird viel weniger Profit abwerfen.“ Claudia Kemfert, Energieexpertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), forderte das Land Brandenburg erneut auf, einen Fahrplan zum Ausstieg aus der Braunkohleverstromung zu erstellen. Die CCS-Technologie sei kostspielig und für die Verstromung unbrauchbar. Kohle habe in Deutschland keine Zukunft.
Trotz aller Dementis wird Vattenfall damit die Debatte um einen Kohleausstieg nicht los. Nach bestätigten PNN-Recherchen erwägt der Konzern aus der Braunkohleverstromung in Brandenburg auszusteigen – wegen der Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke, teurer Klimagas-Zertifikate und Bestrebungen in der schwedischen Politik, die deutsche Kohlesparte abzustoßen. Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) hält dagegen eisern zum Braunkohleabbau in der Lausitz und zu Vattenfall: „Ja, wir brauchen weiterhin Braunkohle, um Energie zu gewinnen. Das wird ein Markenzeichen der Region bleiben.“ Alexander Fröhlich
Alexander Fröhlich
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: