BER-Kostenexplosion: Flughafen nicht mehr kreditwürdig
UPDATE. Wegen BER-Mehrkosten droht eine Finanzklemme. Die Flughafengesellschaft ist mittlerweile nicht mehr kreditwürdig. Im schlimmsten Fall geht der Gesellschaft schon im November das Geld aus.
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Potsdam - Nach der Kostenexplosion beim Hauptstadt-Airport Willy Brandt in Schönefeld ist die Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg (FBB) nicht mehr kreditwürdig. Das wurde jetzt von Brandenburgs Landesregierung in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage des CDU-Abgeordneten Ludwig Burkardt erstmals eingestanden. Zugleich dementierte Brandenburgs Finanzminister Helmuth Markov (Linke), Mitglied im Flughafen-Aufsichtsrat und dort Chef des Finanzausschusses, am Donnerstag eine drohende Insolvenz der den Ländern Brandenburg, Berlin und dem Bund gehörenden Flughafengesellschaft.
„Die Gesellschafter werden die Solvenz der Gesellschaft gewährleisten. Die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft ist und bleibt sichergestellt“, sagte Markov auf PNN-Anfrage. Gleichwohl wird das Geld wegen des Desasters um den immer noch nicht fertigen BER knapp, weshalb der Flughafen mittelfristig wirtschaftlich in schwierigeres Fahrwasser gerät. Die Finanzen stehen im Mittelpunkt der nächsten Aufsichtsratssitzung am 16. August.
„In der gegebenen Ertrags- und Kostenstruktur ist die FBB nicht in der Lage, zusätzliche Kredite aufzunehmen und zu bedienen“, heißt es in der Regierungsantwort. Hintergrund ist, dass das bisherige BER-Budget von 3,3 Milliarden Euro, davon 2,4 Milliarden Euro von der öffentlichen Hand zu einhundert Prozent verbürgte Kredite, weitgehend erschöpft, ausgegeben oder gebunden ist. Nach PNN-Recherchen hat die FBB noch 30 bis 50 Millionen Euro „freie“ Mittel. Die Liquidität ist bis Jahresende sicher, im Worst-Case-Szenario bis November, hieß es in Gesellschafterkreisen. Flughafensprecher Ralf Kunkel sagte: An der Einschätzung, „dass das Geld bis Jahresende reicht, hat sich nichts geändert. Es gibt keinen Liquiditätsengpass .“
Berlin, Brandenburg und der Bund versuchen derzeit, ein zweites Finanzierungspaket für die auf 1,17 Milliarden Euro bezifferten Mehrkosten zu schnüren – infolge der verschobenen Eröffnung, höheren Baukosten und der vorher versäumten Kalkulation ausreichender Mittel für den verbindlich vorgeschriebenen Schallschutz von 50 000 Anwohnern. Brandenburg hat seinen Anteil von 453 Millionen Euro im Doppelhaushalt für 2012/2013 bereits eingeplant. Da es sich sich um Beihilfen handelt, müssen sie von der EU-Kommission genehmigt werden. Bislang äußern sich die Beteiligten zuversichtlich, dass Brüssel grünes Licht gibt. CDU-Finanzexperte Burkhardt warnte, dass die EU auch eine Privatisierung des BER zur Bedingung machen könnte.
Damit der Flughafen bis zur Notifizierung der Beihilfen – also bis zur Genehmigung durch die EU – flüssig bleibt, wird von den drei Gesellschaftern eine Brückenfinanzierung vorbereitet – über Kredite mit öffentlichen Banken und einer Privatbank. Allerdings gibt es Warnungen, das EU-Beihilfeverfahren könnte sich erheblich hinziehen und den Eröffnungstermin gefährden. Deshalb sei Eile geboten. 2009 brauchte die EU-Kommission sechs Monate für die Prüfung.
Auf jeden Fall sind die drohenden Belastungen ein Politikum. Die Länder drohen in Geiselhaft für das Versagen der privatrechtlich geführten FBB genommen zu werden, ohne dass es adäquate parlamentarische Kontrollrechte gebe, kritisiert Brandenburgs Grünen-Fraktionschef Axel Vogel. Es sei bezeichnend, dass den Banken für den damaligen 2,4-Milliarden-Kredit nicht einmal die Einhundert-Prozent- Bürgschaft der öffentlichen Hand ausgereicht habe. Sie hätten, so geht aus der Regierungsantwort hervor, Swap-Derivatgeschäfte zur Zinssicherung zur Bedingung gemacht. „Nach Mitteilung der Flughafengesellschaft hätten die Banken ohne eine Zinsabsicherung wegen fehlender Planungssicherheit keine Langfristfinanzierung gewährt.“ (mit axf)
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