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Den BER im Blick. Flughafenchef Karsten Mühlenfeld hat eine Taskforce eingesetzt, die jetzt herausfinden soll, was die Insolvenz von Imtech bedeutet.

© Bernd Settnik / dpa

Mitarbeiter am BER entlassen: Flughafenchef erwartet mehr „Unfassbares“

Korruption, Baupfusch, Statikprobleme – was kommt als nächstes? Jetzt zieht Karsten Mühlenfeld personelle Konsequenzen

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Flughafenchef Karsten Mühlenfeld greift auf der BER-Baustelle jetzt beim Personal durch. Am Mittwoch hat er den für das Terminal zuständigen Baubereichsleiter „mit sofortiger Wirkung von seinen Aufgaben entbunden“. Grund ist der Umgang – auch die schief gelaufene Kommunikation – mit den kurzfristig bekannt gewordenen Statikproblemen am Terminaldach, die zum Baustopp geführt haben. Frank Röbbelen, seit 2014 bei der Flughafengesellschaft und bislang zuständig für Planung und Vertragsmanagement, ist nun neuer „Modulleiter“ für das Fluggastterminal. Am Abend bekräftigte Mühlenfeld gegenüber dem Tagesspiegel, dass er den BER weiter 2017 eröffnen will. „Ich gehe davon aus, dass wir das zweite Halbjahr 2017 halten können.“

Bereits am Montag hatte Mühlenfeld einen Teilprojektleiter im Zusammenhang mit dem Betrugsverdacht bei Siemens-Rechnungen gefeuert. Auslöser ist eine Strafanzeige, die der Flughafen und der Konzern bei der Staatsanwaltschaft Cottbus gestellt haben, nachdem sie Auffälligkeiten festgestellt hatten. Konkret geht es um einen möglichen Betrug mit überhöhten Abrechnungen von Siemens für 2013 und 2014 in Höhe von 1,9 Millionen Euro für nicht erbrachte Leistungen am BER, die aber trotzdem ausgezahlt wurden.

Mühlenfeld schloss am Mittwoch neue Hiobsbotschaften auf der Baustelle nicht aus. „Ich bin mir sicher, dass wir auch künftig auf Vorgänge aus der Vergangenheit stoßen, die auf den ersten Blick unfassbar erscheinen“, sagte er wörtlich. Dennoch müsse man „die Fehler der Vergangenheit ans Tageslicht holen“, um den BER eröffnen zu können. „Es ist keine Frage, dass wir derzeit in einer schwierigen Projektphase sind.“

Wie berichtet, war am Wochenende bekannt geworden, dass in die Terminaldecke fünf deutlich schwerere Rauchgasventilatoren eingebaut wurden als geplant und erlaubt. Am Montag hatte die zuständige Bauaufsicht einen Baustopp im Hauptterminal verhängt. Nun gab die Flughafengesellschaft zumindest Teilentwarnung. Neue Statik-Überprüfungen haben demnach bestätigt, dass das Terminaldach selbst nicht einsturzgefährdet ist. Ein neues Gutachten soll dem Aufsichtsrat am Freitag präsentiert werden.

Bei den darunter aufgehängten Entrauchungsventilatoren sind die Erkenntnisse differenzierter. So ist Mühlenfeld optimistisch, vielleicht schon am Donnerstag geforderte neue Statiknachweise für zehn kleinere Ventilatoren an der Terminaldecke abgeben zu können, bei denen die Lastüberschreitung offenbar unproblematisch ist. Zweitausend Kilogramm dürften sie wiegen, jeder ist 2331 Kilogramm schwer. Das war der Grund, weshalb die Bauaufsicht das gesamte Terminal hatte sperren lassen. Wenn ein öffentlich bestellter Statiker für diese kleineren Ventilatoren das Okay gibt, könnte das Terminal vielleicht teilweise freigegeben werden.

Bei den völlig überladenen größeren drei Technikbühnen, wo die 4000-Kilogramm-Ventilatoren doppelt so schwer wie erlaubt sind, wird das nicht so einfach sein. Mühlenfeld zeigte sich am Mittwoch dennoch zuversichtlich, auch dieses Problem lösen zu können. Nach Tagesspiegel-Recherchen wurden die Ventilatoren bereits 2008/2009 eingebaut. Doch die Abnahme und Freigabe durch einen Prüfingenieur erfolgte erst nach der geplatzten Eröffnung des BER im Oktober 2012. Technikchef war da schon Horst Amann.
Ehe Mühlenfeld mit seinem „Befreiungsschlag“ an die Öffentlichkeit ging, hatte bereits Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) im Landtag an der Eröffnung des BER 2017 festgehalten. „Ich gehe weiter fest davon aus, dass der von der Geschäftsführung genannte Termin gehalten werden kann“, sagte er. Er sprach sich aber auch dezidiert dagegen aus, „politischen Druck für Eröffnungstermine“ zu machen. 

Der Regierende Bürgermeister und BER-Aufsichtsratschef Michael Müller (SPD) wird dem Berliner Abgeordnetenhaus am Donnerstag nun doch nicht Rede und Antwort stehen können, weil er ganztägig am Bund-Länder-Treffen zur Flüchtlingspolitik und Reform des Finanzausgleichs teilnimmt. Aber voraussichtlich wird Flughafenkoordinator Engelbert Lütke Daldrup in der Fragestunde des Parlaments Stellung nehmen. Darüber hinaus fordern die Grünen, dass Müller alle Fraktionen nach der BER-Aufsichtsratssitzung am Freitag schnell und umfassend über die bisherigen Erkenntnisse informiert. „Entweder schriftlich, oder er lädt die Fraktionen zu einem Treffen ein“, sagte der Grünen-Abgeordnete Andreas Otto.

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