Brandenburg: Forscher rollen rechte Morde neu auf Mendelssohn-Zentrum prüft Opferlisten
Potsdam - Brandenburgs Innenminister Dietmar Woidke (SPD) bindet bei der Prüfung von 18 seit 1990 begangenen Mordfällen auf einen rechtsextremistischen Hintergrund auch Wissenschaftler mit ein. Bei den Taten handelt es sich um Tötungsdelikte, bei denen ein rechtsextremer Hintergrund vermutet wird, aber bislang in der Polizeistatistik nicht erfasst ist.
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Potsdam - Brandenburgs Innenminister Dietmar Woidke (SPD) bindet bei der Prüfung von 18 seit 1990 begangenen Mordfällen auf einen rechtsextremistischen Hintergrund auch Wissenschaftler mit ein. Bei den Taten handelt es sich um Tötungsdelikte, bei denen ein rechtsextremer Hintergrund vermutet wird, aber bislang in der Polizeistatistik nicht erfasst ist. In Brandenburg weist die Polizeistatistik neun Todesopfer rechter Gewalt in den Jahren von 1990 bis 2008 aus. Nach gemeinsamen Recherchen des Vereins Opferperspektive, dieser und anderer Zeitungen sind es aber 27.
Jetzt will Woidke bei der Überprüfung durch externe Experten bei der Polizei die Öffentlichkeit einbeziehen. Das habe er mit Hinweis auf die „erforderliche Transparenz und breite öffentlichen Akzeptanz“ des Verfahrens entschieden, teilte das Innenministerium am Montag mit. Partner bei der Durchsicht und möglichen Neubewertung der Opferlisten soll das Moses-Mendelssohn-Zentrum (MMZ) der Universität Potsdam sein. Neben Polizei und Justiz sollen auch Vertreter der Opferperspektive, der Mobilen Beratungsteams sowie die Integrationsbeauftragte des Landes in den Verfahren mitarbeiten. Damit kommt Woidke der Forderung des landesweiten Aktionsbündnisses gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit nach, das auf die Einberufung einer Expertenkommission gepocht hatte.
Bund und Länder hatten im Jahr 2001 die Kriterien für die Erfassung rechtsextremistischer Taten mit neuen Richtlinien geschärft. Erst seit 2001 werden rechtsextreme Taten als politisch motivierte Kriminalität eingestuft, wenn Menschen aufgrund ihrer politischen Haltung, ihres Aussehens oder ihrer gesellschaftlichen Stellung attackiert wurden und die Täter als rechtsextremistisch einzustufen sind.
Woidke erklärte, ein aktuelles, realistisches Bild sei gerade in dieser sensiblen Frage außerordentlich bedeutsam. „Wenn zurückliegende Tötungsverbrechen in unserem Land einen rechtsextremistischen Hintergrund hatten, muss das die Öffentlichkeit in jedem Fall wissen. Hier sind wir vor allem den Opfern und ihren Angehörigen gegenüber in der Pflicht“, sagte der Innenminister. Er habe deshalb – wie die PNN berichteten – entschieden, die bekannt gewordene Opferliste parallel zu den Analysen beim Verfahren gegen die Zwickauer Terrorzelle NSU noch einmal zu überprüfen. Möglicherweise sei der eine oder andere Fall neu zu bewerten, sagte Woidke.
Im August dieses Jahres hatte das LKA mit der Überprüfung der ersten Verfahrensakten begonnen, die von den Staatsanwaltschaften angefordert worden sind. Mit dem geplanten Forschungsprojekt solle die Untersuchung neu konzipiert und durch einen Expertenarbeitskreis begleitet werden. Dazu laufen derzeit noch die Abstimmungen zwischen dem Innenministerium und der Universität Potsdam. Alexander Fröhlich
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