SPD-Fraktionschef Ralf Holzschuher:: Freie statt staatliche Schulen denkbar
In manchen ländlichen Regionen Brandenburgs könnten künftig freie Schulen den Unterricht für alle Kinder übernehmen, ohne dass es dort staatliche Schulen gibt.
Stand:
Potsdam - Dieses in einem von den PNN veröffentlichten aktuellen Gutachten des Juristen Bodo Pieroth ins Spiel gebrachte nichtöffentliche Monopol–Szenario ist im Landtag am Dienstag überraschend positiv aufgenommen worden. Und zwar nicht allein von der Union, die sich schon zu Zeiten der Großen Koalition für die Privatschulen eingesetzt hat. Selbst die SPD ist offen für eine Debatte um das bisherige Tabu, da auf das Land neue demografische Herausforderungen zurollen. Einig waren sich SPD, CDU und Linke, dass dann kein Schulgeld erhoben werden darf.
Bemerkenswert war die Ansage von SPD-Fraktionschef Ralf Holzschuher, da die SPD immerhin seit 20 Jahren die Bildungspolitik verantwortet und auch die Bildungsministerin stellt. Man sollte „aufgeschlossen“ reagieren, sagte er. Dies sei allerdings nicht mit der Fraktion abgestimmt. Eine schulische Vollversorgung durch freie Schulen in bestimmten Regionen setze aber „voraus, dass jedes Kind Zugang haben muss und kein Schulgeld erhoben wird“.
Der aktuelle Vorstoß der freien Schulen, mitten im Streit um die Kürzungen der Zuschüsse durch die rot-rote Koalition, erfährt damit eine erstaunliche Resonanz. Da der Rotstift teilweise mit der wachsenden Bedrohung für das öffentliche Schulsystem durch die boomenden freien Schulen begründet wird, gibt es einen Zusammenhang. In dem neuen Gutachten hatte der Münsteraner Verfassungsrechtler Bodo Pieroth (wie berichtet) ein „Monopol privater Schulen“ als mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt. Holzschuher verwies darauf, dass angesichts sinkender Kinderzahlen in dünn besiedelten Regionen in etwa zehn Jahren erneut viele staatliche Schulen in Gefahr geraten, eine Standortkonkurrenz mit freien, teuren Parallelstrukturen – beide vom Land finanziert – nicht sinnvoll seien. Er regte an, solche Lösungen schon einmal „exemplarisch zu versuchen“. Es sei „selbstverständlich“, dass es bei einer Vollversorgung durch freie Schulen auch „ein anderes Finanzierungsmodell“ geben muss.
Ein Linke-Nein blieb aus. Der parlamentarische Geschäftsführer, Christian Görke, forderte die freien Schulen auf, an regionalen Schulnetz-Planungen mitzuwirken, was einige tun, einige aber aus prinzipiellen Gründen ablehnen. Fraktionschefin Kerstin Kaiser erinnerte daran, dass freie Schulen gerade in berlinfernen Regionen als Ersatz für die von den Linken immer kritisierte Schließung staatlicher Schulen gegründet wurden. In den letzten 20 Jahren seien die „öffentlichen Schulen ein Steinbruch für Haushaltskürzungen gewesen, mit immer größeren Klassen, immer weiteren Schulwegen“. Tatsächlich haben sich die Schülerzahlen halbiert, ohne dass dies zu geringeren Klassenstärken führte. In Vergleichstests schneiden die Schüler regelmäßig schlecht ab. Deshalb sprach sich CDU-Chefin Saskia Ludwig dafür aus, den vom evangelischen Bischof Markus Dröge geforderten Runden Tisch zu freien Schulen durchzuführen, „um das Thema Bildungsqualität zu erweitern“. Die Union reiche der Landesregierung die Hand. Schon heute sei in manchen Regionen der Weg zu staatlichen Schulen weit, hätten die Eltern keine freie Wahl. Die Konsequenz einer Vollversorgung durch freie Schulen wäre, dass kein Schulgeld erhoben wird, sagte auch Ludwig. „Wenn Qualität und Standards stimmen, wüsste ich nicht, was dagegenspricht.“
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: