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Sexueller Missbrauch in Cottbus: Freigänger soll 13-Jährige missbraucht haben
Ein 52-Jähriger saß im Maßregelvollzug. Übers Netz lernte er eine 14-Jährige kennen - und soll sie missbraucht haben. Mit einem Trick gelang ihm nun die Flucht.
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Cottbus/Berlin - Ein im Maßregelvollzug untergebrachter Mann soll bei Ausgängen in Cottbus ein 14-jähriges Mädchen in mindestens sieben Fällen missbraucht und vergewaltigt haben. Der mutmaßliche Täter soll dabei dem Mädchen gedroht und „sexuellen Kontakt“ gefordert haben. Das Mädchen und dessen Eltern zeigten den 52 Jahre alten Mann vergangene Woche an. Die Behörden in Cottbus warnten daraufhin am Freitag das Krankenhaus des Berliner Maßregelvollzugs in Reinickendorf: etwaige Ausgänge sollten unbedingt gestrichen werden. Dies bestätigten die zuständige Sozialverwaltung von Senator Mario Czaja (CDU) und die Cottbuser Staatsanwaltschaft am Dienstag.
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Im Maßregelvollzug gab es dann offenbar eine Panne. Es seien zwar „umgehend sämtliche Lockerungen für den Patienten aufgehoben worden“, erklärte die Sozialverwaltung, „es gelang ihm jedoch am selben Tag mit einem vorher als verloren gemeldeten und dann manipulierten Ausgangsschein“, die Vollzugsklinik zu verlassen. Die Zielfahnder des Berliner Landeskriminalamtes rückten sofort aus, das Mädchen in Cottbus wurde durch Polizisten geschützt. Am Sonntag konnte der Patient in Berlin festgenommen werden.
In der Brandenburger Justiz gab es heftige Kritik an den Vorgängen im Berliner Maßregelvollzug: Dass der Mann habe flüchten können, sei sehr problematisch. Vor den Ermittlern verweigerte dieser bislang die Aussage, lediglich vor dem Haftrichter in Cottbus soll er sich geäußert haben. Das Cottbuser Amtsgericht erließ Haftbefehl wegen des Verdachts des schweren sexuellen Missbrauchs und der Vergewaltigung. Der Mann befindet sich wieder im Maßregelvollzug in Reinickendorf, ist intern aber verlegt worden. Der Haftbefehl aus Cottbus hat Sperrwirkung: Lockerung und Ausgänge sind damit nicht mehr zulässig.
MEHR GELD FÜR DEN SCHUTZ
Während in Cottbus und Berlin gerade ein mutmaßlicher Missbrauchsfall publik wird, ist die Politik noch aufgeschreckt von den Skandalen der vergangen Jahre: Pädophilievorfälle bei der Parkeisenbahn in der Wuhlheide, Kindesmissbrauch am Canisius-Kolleg. Nun will der Senat abermals mehr Geld in den Kinder- und Jugendschutz investieren. Unabhängig von den Ereignissen in Cottbus stellte Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) am Dienstag ein Konzept vor. Demnach beschloss der Senat, eine unabhängige Ombudsstelle für Missbrauchsfälle einzurichten, mehr Kontaktmöglichkeiten über Social Media und Geld für die Bezirke. Unabhängige Anlaufstelle „Wir brauchen einheitliche, unabhängige Ansprechpartner beim Jugendschutz“, sagte Scheeres. Es könne nicht sein, dass sich Bürger bei Verdachtsfällen von Kindesmissbrauch „erst durchs ganze Amt telefonieren müssen“. Die Einrichtung einer Ombudsstelle solle außerdem auch die Hemmschwelle für Betroffene senken, sich zu melden. Die Betreuung solle ein freier Träger übernehmen, der nach Zustimmung des Parlaments über eine Ausschreibung ermittelt werden solle. Aufgabe sei es, zwischen Verwaltung und Missbrauchsopfern zu vermitteln sowie bei Verfahren Aufklärungsarbeit zu leisten. Auch Jugendliche selbst sollen sich einfacher Hilfe holen können.
LEICHTERE HILFE FÜRKINDER
Nach den Plänen des Senats sollen sie sich künftig auch per SMS an die Beratungsstelle wenden können. Weitere Möglichkeiten seien geschlossene Chats auf berlin.de. „Dies sind natürlich nur Einstiegsangebote, mit dem Ziel, die Gespräche in wirkliche Betreuung und Beratung zu überführen“, sagte Scheeres. Bisher gibt es nur eine „Hotline Kinderschutz“. Dafür soll auch verstärkt in sozialen Medien wie Facebook geworben werden. Auch die soll ausgebaut werden. Das Angebot in Türkisch, Arabisch und Russisch, das bisher aus Lottomitteln finanziert wurde, ist nun mit 100 000 Euro im Haushalt fest eingeplant. Eine Million Euro hat der Senat laut Scheeres im Doppelhaushalt 2014/2015 für den Kinder- und Jugendschutz veranschlagt. Unter anderem sollen Kinderschutz-Träger wie der Kinderschutzbund oder das Kinderschutz-Zentrum mehr Zuwendungen bekommen, um besser beraten zu können. Insgesamt habe sich in den letzten sechs Jahren gezeigt, dass das Beratungsangebot immer besser angenommen werden. Etwas mehr als 7000 Anrufe hatte die Hotline bisher. Rund ein Drittel davon sei an das Jugendamt für eine Gefährdungsprüfung übergeben worden. Vom Bund hat Berlin eine Förderzusage in Höhe von 2,5 Millionen Euro bekommen. Das Geld fließt in die Initiative „Netzwerke Frühe Hilfen und Familienhebammen“. 2,3 Millionen Euro davon sollen für den Einsatz der Hebammen in den Bezirken ausgegeben werden. (sny)
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