Brandenburg: Frühgeborene unter Beobachtung
Erster Qualitätsvergleich der Frühchen-Versorgung in der Region
Stand:
Berlin/Potsdam - Was ist schiefgelaufen bei der Hygiene auf der Frühchenstation? Und was kann man besser machen? Diesen Fragen ging am gestrigen Freitag der Aufsichtsrat der Charité nach, der sich wegen des Keimbefalls auf der Station Ende Oktober zu einer Sondersitzung traf. Man habe das Gremium lediglich informiert, sagte eine Kliniksprecherin. Konkrete Beschlüsse oder personelle Konsequenzen habe es nicht gegeben. Es mehren sich Zweifel, dass sich – trotz laufender Untersuchungen des Robert-Koch-Institutes – die Ursachen für den Ausbruch der Serratien-Keime klären lassen. Auch auf der Frühgeborenenstation des Potsdamer Klinikums Ernst von Bergmann, wo auf der Haut von sechs Babys Darmkeime namens Enterobacter cloacae nachgewiesen wurden, fahndet man nach dem Übertragungsweg. Eigentlich hätten sich diese möglicherweise gefährlichen Erreger in der Abteilung gar nicht ausbreiten dürfen.
Dabei stehen Frühgeborenenstationen schon länger unter besonderer Beobachtung. Infektionen, Hygiene, Überlebenswahrscheinlichkeiten – alles das wird dokumentiert. Der Gesetzgeber hat Frühgeborenenstationen eine besondere Pflicht zur Transparenz verordnet. Seit 2009 müssen die sogenannten Perinatalzentren Qualitätsdaten vorlegen, etwa zur Zahl der verstorbenen Frühchen oder zu Augenschäden und Hirnblutungen als typische Komplikationen bei den Patienten.
Dieser Pflicht zur Offenheit genügen nicht alle Frühgeborenenzentren. Auffällig ist, dass alle drei Perinatalzentren Brandenburgs in der Nähe Berlins zumindest bis gestern keine aktuellen Berichte auf ihren Internetseiten hatten. Das Bergmann- Klinikum macht auf seiner Homepage nur den Bericht für 2009 zugänglich – eigentlich müsste dort seit mindestens einem halben Jahr der Bericht für 2011 stehen. Ähnliches gilt für das Perinatalzentrum des Werner-Forßmann-Krankenhauses Eberswalde und das Städtische Klinikum Brandenburg/Havel. Die Kliniken in Potsdam und Brandenburg lieferten auf Nachfrage für obige Vergleichstabelle der Frühgeborenenzentren Daten nach. Das Forßmann-Krankenhaus tat dies trotz Nachfragen nicht. Insgesamt gibt es in Brandenburg sechs Frühchenstationen, neben den drei genannten Kliniken sind das noch die Kliniken Cottbus, Neuruppin und Frankfurt/Oder.
Noch geheimnisvoller ist es bei den Hygienedaten, die nicht veröffentlicht werden müssen. Die meisten der zwölf Perinatalzentren in Berlin und Umgebung erklärten sich freiwillig bereit, Daten zur Verfügung zu stellen – manche im zweiten Anlauf. Die drei Berliner Kliniken, die beim ersten Mal wegen methodischer Bedenken die Daten nicht freigegeben hatten, taten dies nachträglich, zwei – das St. Joseph Krankenhaus und das Evangelische Waldkrankenhaus Spandau – durch Vermittlung des Berliner Gesundheitssenators Mario Czaja (CDU). Das Ernst von Bergmann blieb bei seinem Nein. Ingo Bach
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: