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Fürstentag

© Heimatverein Jüterboger Land

Fürstlich feiern : In Jüterbog wird der Fürstentag zelebriert

Die zweitälteste Stadt in Brandenburg kommt in diesem Jahr aus dem Feiern gar nicht mehr heraus. 850 Jahre Stadtrecht wurden im Frühling bejubelt, der 13. Fürstentag wird am 14. September gefeiert

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Wie aufregend muss das für die Bewohner der jungen Stadt gewesen sein. Gerade einmal ein halbes Jahr, nachdem Juterbok, so hieß das Städtchen Jüterbog damals, Stadtrechte erhalten hatte, kommt hoher Besuch. Der Erzbischof von Magdeburg, Wichmann von Seeburg, will sich von der Entwicklung der Stadt überzeugen. Und offenbar hat er hohe Erwartungen an die Stadt, denn er hat weitere Fürsten für diesen Spätsommertag im Jahr 1174 eingeladen.

Otto, Markgraf von Brandenburg, mit seiner Gemahlin Judith von Berg. Jacza von Copnic, der Fürst von Köpenick, wird mit seiner Angetrauten, Agatha Petrowa Wlast erwartet. Heinrich der Löwe, Herzog von Sachsen, und seine Gattin Mathilda Plantagenêt von England haben sich angekündigt und auch Ludwig III, Landgraf von Thüringen, mit seiner Gemahlin Margarethe von Klewe sind eingeladen.

Auf der Gästeliste stehen der Ritter Gerich von Ilsenburg, der Landvogt des Jüterboger Landes mit seiner Ehefrau Margaretha von Haldersleben und Lippold von Slautitz, Landgut des Ländchens Bärwalde mit seiner bezaubernden Tochter Emilia.

Gefeiert wird der Fürstentag noch heute

© Heimatverein Jüterboger Land

Damals wie heute dürfte so ein herrschaftlicher Besuch für reichlich Aufregung und Klatsch sorgen. Das mit ihnen reisende Gefolge, zur Schau gestellter Reichtum, Kleider, Frisuren und Schmuck der Damen. Bestimmt spülte ein solches Ereignis auch Geld in die Kassen der Kaufleute. Anreisende Schaulustige wollten schließlich auch Essen, trinken und ein trockenes Lager für die Nacht. Und bestimmt wurde das Ereignis auch gefeiert.

Gefeiert werden die Fürstentage in Jüterbog (Teltow-Fläming) noch heute. Seit 2007 sorgt der Heimatverein Jüterboger Land e.V. für stimmungsvolle Mittelalterfeste zu Ehren der Fürstentage. Diese wurden, so berichtet Vereinsvorstand Jörg Podzuweit, besonders gern in Jüterbog abgehalten, denn die Stadt gehörte zum Kirchenbesitz.

Die Reichen und Mächtigen ihrer Zeit trafen sich und diskutierten über Glaubensfragen, regelten Grenzkonflikte und natürlich auch über die große Politik. „Jüterbog war neutrales Pflaster“, erklärt Podzuweit, denn zu jener Zeit war es durchaus üblich, Fürsten aus der Nachbarschaft festzusetzen und erst gegen Lösegeld wieder freizugeben.

In Jüterbog bestand diese Gefahr, aufgrund der Kirchenzugehörigkeit nicht und so konnten die Fürsten sorglos anreisen. Das taten sie auch, allein zwischen den Jahren 1350 bis 1624 soll es rund 100 solcher Fürstentage gegeben haben, so Podzuweit.

In diesem Jahr steht der Fürstentag aus dem Stadtgründungsjahr 1174 auf dem Programm. Die oben genannten Herrschaften sollen tatsächlich dabei sein. Nun ja, nicht die Leibhaftigen, es sind ihre Ebenbilder, die sich dann auch im Rathaus zu Verhandlungen treffen werden. Und wer mag, kann die kleine Zeitreise wagen und dabei sein.

Die St. Nikolaikirche in Jüterbog.

© dpa/Bernd settnik

Die Kulisse für ein Mittelalterfest könnte kaum überzeugender sein. Jüterbog hat sich viele altehrwürdige Gebäude erhalten. Die Liebfrauenkirche wurde 1174, im Rahmen der Verleihung der Stadtrechte, geweiht. Mönchenkloster und Nikolaikirche gehören zu den auffallenden Sakralbauten der Stadt. Teile der Stadtmauer haben den Zeiten getrotzt, ebenso das eindrucksvolle Zinnaer Tor. Fotogen sind auch Dammtor und Neumarktturm. In Jüterbog atmen Besucher Geschichte, in der Mark ist nur Brandenburg an der Havel älter.

Edle Damen, Gaukler und Tänzer

Das Fest beginnt am 14. September um 13 Uhr auf dem Marktplatz, Festansprache, mittelalterliche Musik und Gaukler empfangen die Gäste. Gegen 13.30 Uhr werden die edlen Besucher und ihr Gefolge durch das Zinnaer Tor einziehen. Und während sie dann im Rathaus tagen, wird rund um den Marktplatz musiziert, getanzt und gefeiert.

Das Fest beginnt am 14. September auf dem Marktplatz.

© Heimatverein Jüterboger Land

Tanz wie bei Hofe in historischen Gewändern zeigt „Balliamo Thyrow“. Die fünfzehnköpfige Tanzgruppe präsentiert Tänze aus der Zeit der Renaissance. Der Magier „Hummlerus“ verzaubert kleine und große Besucher. Wie für große Anlässe üblich, wird Salut geschossen.

Die Jüterboger Schützengilde von 1405 übernimmt diese Ehrerbietung an die aus nah und fern angereisten Gäste. Auch für die Berliner Rittergarde war der Weg in die Mark nicht zu weit. Gemeinsam mit der Stadtwache Jüterbog führen sie ihre Schwerter, Lanzen und Rüstungen beim Kampfe vor. Gegen 18 Uhr treffen sich die Edlen zum Schmaus an der Festtafel auf dem Marktplatz. Der „Raduga“ Chor wird bald darauf die musikalische Untermalung liefern. Um 19 Uhr lädt Stadtführerin Brita Hannemann zu einer rund anderthalbstündigen Erkundungstour durch die Altstadt ein.

Hannemann ist seit 2017 offizielle Stadtführerin und begeisterte Jüterbogerin. Sie kennt nicht nur jede Ecke und jeden Winkel in der Stadt, sie weiß auch, dass die damalige Äbtissin und der Probst gleich nach der Reformation zueinanderfanden und schnell geheiratet haben. Es sind die kleinen Stadtgeschichten, die leben in die Gemäuer bringen.

Bereits einer ihrer Vorgänger hatte bei einer Führung durch die Liebfrauenkirche eine lustige Begegnung, erzählt sie. „Während er den Besuchern die bemalte Holzbalkendecke zeigte, murrte jemand aus der Gruppe, diese Scheißdecke.“

Erschrocken hielt der Stadtführer inne. Es stellte sich heraus, dass der Besucher mit der schlechten Meinung über die Holzbalkendecke eine ganz besondere Beziehung zu ihr hatte. „Er hatte zu jenen Handwerkern gehört, die die Decke einst restauriert hatten“, berichtet Hannemann. Offenbar war ihm diese Arbeit nicht in bester Erinnerung geblieben. „Das muss so um 1930 gewesen sein“, sagt die Stadtführerin, denn zu dieser Zeit fanden die Restaurierungsarbeiten statt.

Stadtführung mit Anekdoten

Wenn Hannemann am Abend Anekdoten ihrer Stadt erzählt, hat sie schon einen langen Tag hinter sich. Tagsüber kocht sie mit Kindern im Kulturquartier Mönchenkirche am Mönchenkirchplatz 4. In der kleinen Klosterküche können Kindern nach eigenen Ideen eine Suppe kochen. Zum Kochen und Auslöffeln braucht es keine Anmeldung, sagt Hannemann. Einfach vorbeikommen und mitmachen.

Einfach vorbeischauen gilt auch für die elf geöffneten Höfe an diesem Tag. Diese Höfe befinden sich in Privatbesitz, die Eigentümer öffnen sie exklusiv zum Fürstentag und laden zu einer kleinen Entdeckungsreise hinter die Hoftore. Mal gibt es musikalisch was auf die Ohren, mal sind beim Basteln die Hände gefragt. Die Augen sind beim Bewundern der geschichtsträchtigen Bauten ohnehin beschäftigt und für den Gaumen gibt es auch an jeder Ecke etwas zu entdecken.

Wenn die Dunkelheit sich über Platz und Gassen legt, startet der Spielmannszug Treuenbrietzen und wird begleitet von einem Fackellauf. Auf dem Marktplatz wird alsbald noch mal getrommelt und eine Dreiviertelstunde vor Mitternacht wird das Spektakel mit einer Feuershow beendet. Derweil feiert das jugendliche Partyvolk bei Klosterbeats im Klosterhof. Strandfeeling, Cocktails bei House und Elektro sind angekündigt.

Vereinsvorstand Podzuweit freut sich über die vielen Akteure aus der Region, die auch den 13. Fürstentag bereichern werden. Nur die Kameraden und Kameradinnen der Freiwilligen Feuerwehr können nicht mitfeiern. Sie werden, aufgrund der hohen Temperaturen und der erhöhten Waldbrandgefahr, durch Jüterbog laufen und Sorge tragen, dass keines der Feuer auf die alten Gebäude übergeht.

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