Brandenburg: Fusion: „Schaun wir mal“
Wowereit und Platzeck gemeinsam im Landkreis Spree-Neiße unterwegs / Berlin zur Länderehe bereit
Stand:
Burg - Klaus Wowereit wirkt vergnügt. Es scheint fast so, als habe Berlins Regierender bei dieser „Kennenlern“-Tour durch den Süden Brandenburgs, zu der ihn Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck geladen hat, genau auf dieses Stichwort gewartet. Es liefert ihm unbewusst Marga Morgenstern, die 71-jährige Trachtenfrau bei der Rundfahrt – das Spreewald-Original begrüßt ihn als „Oberbürgermeister Berlins“. Der Versprecher ist ihr sichtlich unangenehm, doch Wowereit beruhigt. „Es gefällt mir: Ich habe wirklich den Ehrgeiz, der letzte Regierende Bürgermeister zu sein. Wenn wir erst ein gemeinsames Land sind, wird Berlin eine normale kreisfreie Stadt im Land sein“, so Wowereit. Es bleibe dabei, „Berlin steht bereit“. In Brandenburg sei das bekanntlich schwieriger. Es hänge von Brandenburg ab, ob im Jahr 2009 ein neuer Anlauf gewagt werden könne.
Wowereit belässt es bei solchen Andeutungen, bei Anspielungen. Er übt keine offene Kritik an seinem zurückhaltenden Gastgeber Matthias Platzeck, obwohl der auch an diesem Tag keine Neigung erkennen lässt, dass er einen Zusammenschluss beider Länder als vordringlich ansieht. Im Gegenteil, von Journalisten angesprochen, winkt Platzeck, in seiner alten, neuen Rolle als Landesfürst, ab: „Fusion ist ein theoretisches Thema.“ Seine Botschaft ist eine andere: Schon jetzt seien es die am dichtesten vernetzten Länder Deutschlands. „Wir sollten nicht so viel von Fusion reden. Für die Menschen ist es wichtig, dass wir eng zusammenarbeiten.“ So eng, dass man sich die Fusion sparen könnte? „Schaun wir mal“.
Es ist kein Tag politischer Botschaften. Man belässt es beim Sightseeing für den Regierenden des Nachbarlandes durch Brandenburg, zeigt ihm das moderne Kraftwerk „Schwarze Pumpe“, das ein Viertel des Berliner Stroms liefert, schippert ihn und den Journalisten-Tross auf dem Spreewaldkahn durch verwunschene Kanäle. Freilich, im Wellness-Luxus-Hotel „Zur Bleiche“ in Burg scheint schon Klaus Wowereit der Reiseführer und der Brandenburg-Werber zu sein, so sehr lobt er die preisgekrönte Anlage und deren Gourmetküche. In der Bibliothek entdeckt Wowereit plötzlich einen Prachtbildband mit Aktfotografien von Helmut Newton, den er interessiert durchblättert, natürlich, wie gewünscht, mit Glacéhandschuhen, die er überzieht. Da seufzte Platzeck, der zunächst angesichts der nackten Tatsachen und der vielen Fotografen ringsum etwas zurückschreckte: „Ja, das Leben könnte so schön sein.“
Dass trotz der allgemeinen Harmonie im berlin-brandenburgischen Verhältnis mentale Tücken lauern, zeigte sich auch an diesen Tag, im Kleinen. Etwa in einem Wettbewerb der Frotzeleien.
So konnte es Spree-Neiße-Landrat Dieter Friese nicht auf sich sitzen lassen, dass Wowereit zum Zitter-Aufstieg von Energie Cottbus eine freche Bemerkung machte. Der Landrat konterte, brandenburgisch derb: „Cottbuser Fans haben ein Plakat: „Ihr badet in der Spree, wir pinkeln rein.“ Wowereit trocken: „Jetzt weiß ich, warum die Gurken so schmecken.“ Ein Berliner hat eben immer das letzte Wort.
Magda Morgenstern, die altersweise Reiseführerin durch den Spreewald, gab aber auch Matthias Platzeck eine Botschaft mit auf den Weg: Wer seine Träume verliere, werde krank an der Seele. Wer krank an der Seele werde, werde krank am Körper. „Dass Ihr wieder flott werdet!“
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: