zum Hauptinhalt
Wenn Gaststätten auf dem Land schließen, gehen oft wichtige Treffpunkte verloren. (Symbolbild)

© Axel Heimken/dpa

Kneipensterben in Brandenburg: „Jede Dorfgaststätte, die geschlossen werden muss, ist ein herber Schlag“

Vom Tanzabend bis zur Bürgerversammlung: Dorfgasthäuser in Brandenburg sind mehr als Kneipen. Aber die Gastronomie auf dem Land schrumpft.

Stand:

Sie hießen „Zum goldenen Stern“, „Zur deutschen Eiche“ oder ganz schlicht „Dorfkrug“. In der Zeit von 2010 bis 2023 haben in Brandenburg 142 Schankwirtschaften, also Kneipen, ihre Türen für immer geschlossen. Das geht aus der Antwort der Landesregierung auf eine „Kleine Anfrage“ des CDU-Wirtschaftspolitikers Frank Bommert hervor, die nun vom Potsdamer Landtag veröffentlicht wurde.

Die Zahl der gastronomischen Betriebe insgesamt ging von 2010 bis 2023 von 4101 auf 3697 zurück. In der Prignitz schlossen 31,6 Prozent aller Gastronomiebetriebe – jede dritte Gaststätte, jedes dritte Café und jede dritte Eisdiele machte demnach dicht. Bei den reinen Dorfkneipen waren es sogar 40 Prozent. In der Uckermark schlossen 50 Prozent aller Schankwirtschaften und rund zwölf Prozent aller Gaststätten die Tore.

„Dorfgaststätten sind weit mehr als Orte, an denen man isst und trinkt – sie sind Herzstücke des dörflichen Lebens, Treffpunkte für Jung und Alt, Orte des Miteinanders“, sagte Bommert. „Jede Dorfgaststätte, die geschlossen werden muss, ist ein herber Schlag für jedes Dorf und die Gemeinschaft im Dorf.“ Gerade in einer Zeit, in der die Gesellschaft immer weiter auseinanderdriftet, müssten diese Orte der Begegnung und des Zusammenhalts unbedingt erhalten bleiben.

Das Gastgewerbe hat laut dem Branchenverband Dehoga mit steigenden Kosten und sinkenden Umsätzen zu kämpfen. Im Mai 2025 verzeichnete es in Brandenburg einen realen Umsatzrückgang von 7,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Vor allem die Corona-Pandemie hatte eine Krise in der Gastronomie ausgelöst.

Konkrete Maßnahmen zur Unterstützung der Gastronomie nicht aufgeführt

Die Landesregierung verweist in ihrer Antwort etwa auf die Förderrichtlinie für Existenzgründer und für Unternehmensnachfolger in Brandenburg. Sie könnten auch von Gastwirten in Anspruch genommen werden. „Dorfgasthäuser haben in ländlichen Räumen eine zentrale Bedeutung als soziale und kulturelle Infrastruktur“, heißt es in der Antwort. „Ihre Rolle geht weit über die reine gastronomische Versorgung und die damit verbundene wirtschaftliche und touristische Bedeutung hinaus.“

Sie böten vielen Vereinen einen Ort zum Austausch und für Veranstaltungen. Zudem würden Gasthäuser für Bürgerversammlungen, aber auch für verschiedenste Diskussionen auf lokaler Ebene genutzt. „Oftmals bilden die verbleibenden Gaststätten das Zentrum des Dorfes, sie prägen das Ortsbild, die örtliche Identität und das Gemeinschaftsgefühl“, heißt es in der Antwort der Landesregierung. Doch konkrete Maßnahmen zur Unterstützung der Brandenburger Gastronomie werden dort nicht aufgeführt.

Die seien aber nötig, meint der Vizepräsident des Dehoga-Landesverbands, der Prignitzer Hotelier Jan Lange, der etwa die „Alte Ölmühle“ in Wittenberge betreibt. Er warnt im Gespräch mit unserer Redaktion vor einem Verlust der Gastronomie im ländlichen Raum. „Wir sehen die Problematik schon seit fünf bis sieben Jahren“, sagte Lange. Ein Problem sei etwa die Altersnachfolge: Die Kinder der Wirtsleute würden den ländlichen Raum verlassen, und kehrten nicht zurück, um den Betrieb zu übernehmen.

Entlang des Elbe-Radwegs hätten viele Gasthöfe und Cafés in den letzten Jahren aufgegeben. „Ein Thema ist die Bürokratie“, sagt Lange. „Alle Welt redet vom Bürokratieabbau, aber wir bekommen immer mehr davon – warum sollte man sich da in das Wagnis der Selbstständigkeit begegnen?“ Lange erwartet an dieser Stelle auch ein Entgegenkommen der Kommunen: „Wer eine Gaststätte erhalten will, sollte die Sitzungen kommunaler Gremien auch dort durchführen“, sagt Lange. „Es gibt staatliche Förderungen für Landärzte und Landlehrer: Wer eine neue Gaststätte haben will, muss sich vielleicht auch überlegen, einem Gastronomen für einige Zeit ein Gebäude zur Verfügung zu stellen, um dort Gastronomie anbieten zu können.“

Mehr Anbieter mit Selbstbedienung 

Das statistische Unternehmensregister Brandenburg, aus dem die Betriebszahlen hervorgehen, unterscheidet zwischen „Restaurants mit herkömmlicher Bedienung“ und Restaurants mit Selbstbedienung.

Betriebe, in denen der Gast nicht am Tisch bedient wird, nahmen zu: Seit 2010 gab es einen stetigen Zuwachs von 86 auf 131 im Jahr 2023. Die Zahl der Restaurants mit Bedienung ging dagegen von 2452 auf 1827 zurück. (mit dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })