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Von Thorsten Metzner: Gedenkblockade?

Potsdamer Uni gibt Geld für Erforschung des Cottbuser-Gefängisses für politische Häftlinge nicht frei

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Potsdam - Brandenburgs rot-rote Koalition hat sich zu einer offensiven Aufarbeitung der SED-Diktatur verpflichtet. Doch Tücken lauern dabei überall. So muss jetzt Wissenschaftsministerin Martina Münch (SPD) erst Druck machen, damit die Universität Potsdam bereits vor Monaten vom Land erhaltene Gelder in Höhe von 300 000 Euro zur Erforschung der Geschichte des Cottbuser Zuchthauses freigibt. Es geht um eins der größten und berüchtigsten Gefängnisse für politische Häftlinge in der DDR. Die Uni wiederum macht Spar-Entscheidungen des Ministeriums für die Blockade verantwortlich, was Münchs Staatssekretär Martin Gorholt am Dienstag strikt zurückwies. „Das Projekt ist von der alten Ministeriumsspitze zweckgebunden bewilligt worden. Das Geld ist bei der Uni Potsdam angekommen. Dabei bleibt es“, sagte Gorholt den PNN.

Zuvor hatten die Wissenschaftler Prof. Klaus Schroeder vom Forschungsverbund SED-Staat der FU Berlin – er ist auch Mitglied der Enquete-Kommission zum Umgang mit der SED-Diktatur im Land – und Professor Manfred Görtemaker (Historisches Institut der Uni Potsdam), die mit der länderübergreifenden Kooperation endlich loslegen wollen, intern heftige Vorwürfe an die Potsdamer Uni erhoben – wegen der Blockade der Mittel. Schroeder etwa erinnerte in einem Brief an Münch daran, dass ihre Vorgängerin, die CDU-Wissenschaftsministerin Johanna Wanka eine Zusage zur Finanzierung des gemeinsamen Projektes von Historischem Institut der Uni Potsdam und der FU Berlin über 300 000 Euro gegeben hatte. Das war am 22.Oktober 2009, kurz nach der Entscheidung von Regierungschef Matthias Platzeck für Rot-Rot, während der Koalitionsverhandlungen. Zwar ist man im Ministerium nicht unbedingt glücklich über dieses Vorgehen, auch nicht über die für ein Einzelprojekt stattliche Höhe, zumal 200 000 Euro von den 300 000 Euro an den Forschungsverbund SED-Staat und damit nach Berlin fließen. Doch antasten will das angesichts der Brisanz niemand. Zudem war mit Münch am 17.Dezember 2009 das weitere Vorgehen besprochen worden. Trotzdem liegt bei der Potsdamer Uni seitdem alles auf Eis. Dies halte ich für „skandalös“, der „Beginn eines Forschungsprojektes wird torpediert“, so Schroeder. Er wolle nicht spekulieren, „ob es an der entschleunigten Arbeitsweise der Verwaltung liegt“ oder „das Verhalten geschichtspolitisch motiviert ist“. Auch der Historiker Görtemaker machte in einem Schreiben die Uni-Kanzlerin Barbara Obst-Hantel, dass „acht Monate nach der Mittelzuweisung ... fünf Monate nach Vorlage der Kooperationsvereinbarung“ mit der Freien Universität die Gelder immer noch nicht da sind. Das Gleiche gelte für ein ähnliches Projekt zur Stasi-Überprüfung in der Polizei Brandenburgs. Er habe „keinerlei Verständnis“ dafür, dies könne man „nur als Obstruktion“ bezeichnen, so Görtemaker. Dabei seien das Cottbus-Projekt und das Projekt MfS-Personalüberprüfung „politisch außerordentlich sensibel“. Die Uni Potsdam sei ja gerade deshalb mit der Durchführung beauftragt worden, weil sie die notwendige Glaubwürdigkeit besitze. „Diese sollten wir jetzt nicht leichtfertig aufs Spiel setzen.“

Die Potsdamer Uni weist die Obstruktionsvorwürfe zurück. Nach ihrer Version sollten sich die 300 000 Euro aus in den letzten Jahren angesparten Rücklagen der Hochschulen von 26,5 Millionen speisen, von denen das Wissenschaftsministerium jetzt jedoch ein Teil für den Haushalt 2011 abführen will. Dies sei aber noch nicht geklärt, es gebe „keine belastbaren Vorgaben“ des Ministeriums, sagte Uni-Sprecher Andreas Peter. Die Uni könne „angesichts derart vager Faktenlage keine Freigabe von Mitteln aus der Rücklage verantworten“. Der Streit um die Rücklage hat mit den Cottbus-Geldern allerdings „nichts zu tun“, erklärt Staatsekretär Gorholt. „Das Geld ist der Universität per Erlass aus eigenen Mitteln des Wissenschaftsministeriums für dieses Projekt zur Verfügung gestellt worden“, sagte Gorholt. „Daran ist die Potsdamer Universität gebunden.“

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