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Brandenburg: Gerichte und EU prüfen LPG-Erben Betrugsfahnder schalten Agrarkommissariat ein

Potsdam - Der Druck auf die Behörden in Brandenburg, möglichen Rechtsverstößen bei der Umwandlung von LPG-Betrieben nach der Wende nachzugehen, wächst. Jetzt ist auch die EU-Agrarkommission in Brüssel mit dem Thema befasst.

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Potsdam - Der Druck auf die Behörden in Brandenburg, möglichen Rechtsverstößen bei der Umwandlung von LPG-Betrieben nach der Wende nachzugehen, wächst. Jetzt ist auch die EU-Agrarkommission in Brüssel mit dem Thema befasst. Das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) hat den Fall dorthin abgegeben. Es sieht zwar selbst keine Anhaltspunkte für Betrug, wie OLAF-Sprecherin Alina Burea den PNN auf Anfrage mitteilte. Doch dort hält man den Fall für so brisant, dass die Behörde von EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos einschaltet wurde. Die Informationen seien auch an die zuständigen Behörden in Brandenburg für „mögliche Folgemaßnahmen“ weitergeleitet worden, hieß es. In Brandenburg selbst ist erstmals auch die Landesregierung aktiv geworden. Inzwischen sind Registergerichte eingeschaltet worden, um mögliche Fehler bei der Eintragung von LPG-Nachfolgebetrieben nachträglich zu korrigieren.

Wie berichtet hatte das Agrarministerium eine Liste mit 39 Nachfolgeunternehmen von LPG-Betrieben der DDR an das Justizressort weitergereicht und um Prüfung gebeten. Die Liste stammt aus der Untersuchung des Jenaer Rechtsprofessor Walter Bayer, der Landesverfassungsrichter in Thüringen ist, für die Enquetekommission des Landtags zur DDR-Aufarbeitung. Dabei und auch in anderen Studien hat er massive Probleme bei der Neustrukturierung der LPG-Betriebe in Brandenburg und den anderen Ost-Ländern offengelegt. Nach höchstrichterlicher Rechtssprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) weisen laut Bayer rund elf Prozent der LPG-Umwandlungen – jene 39 Betriebe – derart schwere Mängel auf, dass sie als unwirksam gelten müssten. Konkret geht es darum, dass bei zwielichtigen LPG-Umwandlungen massiv Eigentum verschleiert wurde, um einst zwangskollektivierte Bauern nicht zu entschädigen. Die Auszahlung von eingebrachtem Land, Eigentum und der Wertschöpfung durch Arbeit war jedoch gesetzlich vorgeschrieben. Trotz offenbarer Verstöße sind die Betriebe bei den Registergerichten als Nachfolgeunternehmen eingetragen worden, nach Erkenntnissen Bayers wegen flächendeckend mangelnder Kontrolle der Behörden und der Registergerichte.

Das Justizministerium hat beim Oberlandesgericht (OLG) um eine Prüfung gebeten, etwa ob die angeblichen Nachfolgebetriebe bei Rechtsverstößen im Zuge der LPG-Umwandlung aus den Registern gelöscht werden können. Das OLG selbst kann nicht beurteilen, ob es Verstöße bei den bislang von Bayer aufgelisteten Unternehmen gab, wie aus einem Schreiben des Gerichts an das Justizressort hervorgeht. Allerdings leitete das OLG das Bayer-Gutachten samt Unternehmensliste an die Registergerichte weiter, wo dann Richter und Rechtspfleger im Einzelfall Maßnahmen unabhängig prüfen können.

Die Aktionsgemeinschaft Recht und Eigentum (ARE), die auch frühere LPG-Mitglieder vertritt, hofft nun auf die Enquetekommission des Landtags. Die berät am Freitag den Abschlussbericht zur Landwirtschaft. Die ARE fordert nicht nur eine Korrektur der Handelsregister, die vom Justizministerium angestoßen wurde, sondern auch einen Neuanlauf für Vermögensaufteilungen bei betroffenen LPG- Nachfolgern. Alexander Fröhlich

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