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Brandenburg: Geschichtsforschung mit zusätzlicher Zeitverzögerung Hickhack beendet: Mittel zur Erkundung des DDR-Gefängnisses in Cottbus sind frei. Zu spät?

Potsdam – Wissenschaftler aus Potsdam und Berlin erforschen die Geschichte des Cottbuser Zuchthauses, in dem zu DDR-Zeiten politische Gefangene eingesperrt waren. Nach längerem Streit zwischen dem brandenburgischen Forschungsministerium und der Universität Potsdam soll das Projekt endlich starten können.

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Potsdam – Wissenschaftler aus Potsdam und Berlin erforschen die Geschichte des Cottbuser Zuchthauses, in dem zu DDR-Zeiten politische Gefangene eingesperrt waren. Nach längerem Streit zwischen dem brandenburgischen Forschungsministerium und der Universität Potsdam soll das Projekt endlich starten können. Denn erst jetzt sind die bereits im Herbst 2009 angeordneten Gelder verfügbar. Wie berichtet war gegen die Universität Potsdam der Vorwurf erhoben worden, vom Land bereitgestellte Gelder nicht weitergereicht zu haben.

Durch die monatelangen Verzögerungen könnten schwer wiegende Folgen für die Finanzierung der geplanten Gedenkstätte nach sich ziehen. Das deutete nun der Leiter des Forschungsverbundes SED-Staat an der Freien Universität Berlin, Professor Klaus Schroeder, an. Bereits im Frühjahr wollte der Wissenschaftler gemeinsam mit Manfred Görtemaker, Professor für Geschichte an der Universität Potsdam, loslegen. Aber erst jetzt – nachdem die PNN Mitte Juli über den Fall berichtete – sind die Mittel nach Angaben des Ministeriums und der Universität Potsdam frei. So sind die Forscher nun in Verzug geraten. Sie sollen das Cottbuser Menschenrechtszentrum bei einem Förderantrag an den Bund für den Ausbau der Gedenkstätte unterstützten. Doch die Frist dafür läuft im September ab, im November entscheidet eine Kommission darüber. Auch das Land beteiligt sich an den Kosten mit Geldern aus dem früheren SED-Vermögen.

„Es besteht die Gefahr, dass das mit dem Antrag beim Kulturstaatsminister nichts wird“, sagte Schroeder. „Bei mir ist auch noch nichts aus Potsdam ankommen, ich habe noch kein Schreiben, dass unsere Projekt jetzt läuft“, so Schroeder, der auch Mitglied der Enquete-Kommission des Landtags zum Umgang mit der SED-Diktatur in Brandenburg ist.

Das Projekt geht zurück auf eine Entscheidung der früheren Kulturministerien Johanna Wanka (CDU). Nach einem ersten Gutachten zum Cottbuser Gefängnis erteilte sie im Oktober 2009, also kurz nach dem Entschluss für rot-rote Koalitionsverhandlungen in Brandenburg, die Zusage für insgesamt 300 000 Euro. Wankas Nachfolgerin im Amt, Martina Münch (SPD) bekräftige zu Jahresbeginn in Cottbus das Vorhaben.

Doch bei der Universität Potsdam tat sich lange nichts. Eine Kooperationsvereinbarung und die Gelder lagen monatelang auf Eis. Für Schroeder zumindest Anlass zur Mutmaßung, dass an der Potsdamer Uni „Kräfte wirksam sind, die das bewusst verzögert haben“, aus „geschichtspolitischen“ Gründen etwa.

Die Uni Potsdam weist die Vorwürfe zurück und beruft sich auf einen Streit mit dem Wissenschaftsressort um die Finanzierung der Hochschule. Demnach habe das Ministerium den Universitäten im Frühjahr angekündigt, die im Vorjahr von den Einrichtungen eingesparten Mittel wegen der desolaten Haushaltslage kassieren zu wollen. Erst jetzt habe das Ministerium dies aber mit konkreten Zahlen unterlegt. „Aus diesem Grund war es nicht zu verantworten, das Geld auszugeben“, erklärte ein Uni-Sprecher.

Schroeder dagegen wundert sich, warum es überhaupt bis 20 Jahre nach der Wende dauerte, bis die Geschichte des Gefängnisses erforscht wird. „Wir wollen detailliert belegen, was dort vor sich ging“, sagte er. Binnen drei Jahren sollen alle Unterlagen gesichtet und Zeitzeugengespräche geleistet sein. „Es kann sein, dass in Cottbus mehr politische Häftlinge untergebracht waren als anderswo in der DDR“, sagte Schroeder.Alexander Fröhlich

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