Brandenburg: Gipfeltreffen in Kreuzberg
Radikale Linke der Stadt rückt enger zusammen
Stand:
Berlin - So voll wie gestern war es im Bethanien in Berlin-Kreuzberg schon lange nicht mehr. Die linke Szene der Stadt lud zu einer Pressekonferenz in das erst kürzlich wieder besetzte Haus: Selbst die Veranstaltungen zum 1. Mai waren vergleichsweise harmlos, denn diesmal wog der Vorwurf schwerer: Terrorismus.
Knapp 900 Beamte hatten gestern bundesweit 40 Büros und Wohnungen durchsucht. Ein Großteil der Objekte befand sich in Berlin, darunter auch der stadtbekannte Mehringhof in der Gneisenaustraße. In Wohngemeinschaften und in linken Buchläden wurden dabei vor allem Computer beschlagnahmt. Eine nicht näher benannte terroristische Vereinigung wolle gegen den G-8-Gipfel im Juni in Heiligendamm vorgehen, hieß es von der Bundesanwaltschaft.
Die linke Szene ist empört. „Die Razzien waren rechtlich zweifelhaft und in jedem Fall völlig überzogen“, heißt es von der „Antifaschistische Linke Berlin“ (ALB). Die linksradikale Gruppe ist maßgeblich an den Vorbereitungen der Proteste gegen den G-8-Gipfel beteiligt. Dass die Bundesanwaltschaft nach Brandanschlägen mit Bezug auf den G-8-Gipfel wegen des Verdachts einer terroristischen Vereinigung ermittle, sei ein vorgeschobener Grund, sagen Betroffene. Gestern seien vor allem Computer sichergestellt worden, die der legalen Protestvorbereitung dienten, teilte Tim Laumeyer von der ALB mit. Das „massive Vorgehen“ der Polizei sei ein „Angriff auf die gesamte Protestbewegung“ und der Versuch, die Szene einzuschüchtern.
„Wahllose Durchsuchungen in harmlosen Buchläden zeigen, wie planlos das Bundeskriminalamt vorgeht, sagte Benedikt Lux, demokratiepolitischer Sprecher der Grünen im Abgeordnetenhaus. Der Widerstand gegen den Weltwirtschaftsgipfel im Juni drohe nun zu eskalieren, hieß es auch bei der Linkspartei/PDS. „Es geht schlicht um Einschüchterung“, sagte Christoph Kliesing, Rechtsanwalt eines Beschuldigten aus Berlin.
Während im Bethanien Anwälte die Aussagekraft der Beweise als „äußerst dünn“ einstuften, sprach sich die Nachricht von der Polizeiaktion schnell in den Szenetreffs herum. Nachdem am Dienstag das Hausbesetzerzentrum in der Köpenicker Straße 137 versteigert worden ist, fühlen sich etliche Initiativen unter besonderer Beobachtung der Behörden.
Die bisher zersplitterte linke Szene der Stadt rücke zusammen, hieß es im Bethanien. Noch am 1. Mai gab es drei verschiedene Demonstrationen linker Gruppen durch Kreuzberg. Jetzt glauben die Aktivisten daran, dass die Durchsuchungen mehr Menschen zu den Protesten nach Heiligendamm mobilisieren werden. Hannes Heine
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: