
© Kai-Uwe Heinrich
Brandenburg: Grippe-Logistik
Impfstoff gegen Schweinegrippe ist knapp: Brandenburg liefert schon die erst für die nächste Woche geplanten Rationen aus / Ministerium mahnt Praxen: Kein Serum horten / Verteilungsprobleme in Berlin
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Potsdam/Berlin - Das Land Brandenburg hat offenbar ein besseres Verteilungsprinzip für den Schweinegrippen-Impfstoff gefunden als Berlin. „Wir haben keine Probleme und deswegen auch keine Beschwerden aus der Bevölkerung wie in Berlin“, sagte der Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung in Brandenburg, Ralf Herre, am Donnerstag auf Anfrage den PNN, zur Versorgungslage der Praxen mit Impfstoff. Das Landesgesundheitsministerium räumte allerdings auch für Brandenburg ein, dass nicht genügend Impfstoff von den Herstellern angeliefert werde. „Wir sehen, dass die Apotheken mehr abrufen, als wir innerhalb der einen Woche bekommen“, sagte Thomas Barta, Leiter der Abteilung Gesundheit im Ministerium, zum Verlauf der ersten Impfwoche.
Barta mahnte die Ärzte, nicht auf Vorrat Impfserum zu bestellen. Wenn von einigen Ärzten gehortet werde, erhielten andere Ärzte weniger als notwendig ist, mahnte Barta. In den ersten beiden Impfwochen seien rund 76 000 Dosen verteilt und zum großen Teil verbraucht worden. In dieser Woche wurden Barta zufolge nochmals 48 000 Dosen verteilt.
Anders als in Berlin, wo alle Ärzte über eine einzige Apotheke den Impfstoff ordern können, haben in Brandenburg alle Apotheken die Verteilung der Ampullen an die Arztpraxen übernommen. Diese werden von einer zentralen Vertriebsstelle, dem Unternehmen Haemato Pharm in Schönefeld, beliefert.
Die Transporte konzentrieren sich jeweils auf ganz bestimmte Landkreise. Gestern steuerten die Kühlfahrzeuge beispielsweise die Kreise Barnim, Oberhavel und Uckermark an. Die lokalen Apotheken kennen dank langjähriger Erfahrungen die Öffnungszeiten der Praxen und haben mit der Ablieferung der Pakete keine Schwierigkeiten.
Gerade in ländlichen Regionen kommen Impfwillige aber auch schon früher in den Genuss einer Immunisierung. „Da sich in einer Ampulle zehn Impfportionen befinden, bleiben nach der Versorgung von Risikopatienten oft einige Dosen für andere Impfwillige übrig“, sagte Herre. Seit April wurden im Land Brandenburg 731 an der Schweinegrippe Erkrankte gezählt, akut erkrankt sind derzeit 20 Personen.
Abteilungsleiter Barta aus dem Gesundheitsministerium räumte gegenüber der Nachrichtenagentur dpa ein, dass „produktionsbedingt im Augenblick etwas weniger ins Land ankommt, als wir es erwartet haben“. Daher würden derzeit schon Rationen ausgegeben, die eigentlich erst in der kommenden Woche verteilt werden sollten. Ziel sei, dass jede Apotheke, die etwas bestellt hat, auch Serum bekommt. Dies könne jedoch dazu führen, dass erst Ende nächster Woche wieder etwas zur Verfügung stehe, da Brandenburg am Donnerstag beliefert werde.
Aber, so versicherte Barta, daraus könne nicht geschlossen werden, dass der Impfstoff knapp wird: „Das ist die falsche Botschaft. Was wir haben, das geben wir heraus.“ Unterm Strich erhalte Brandenburg, was angefordert wurde, nur könnte es etwas länger dauern als ursprünglich geplant. Bis Ende Dezember sollen 700 000 der insgesamt 1,5 Millionen bestellten Impfdosen ausgeliefert sein.
Auch in Berlin soll der Impfstoff spätestens am heutigen Freitag in allen auf der Senatsliste stehenden Berliner Arztpraxen zur Verfügung stehen. Das versicherte der Chef der für die Belieferung aller Berliner Impfpraxen zuständigen Hubertus-Apotheke in Berlin-Schöneberg, Bernd Drevenstedt. „Wir haben genügend Kühlfahrzeuge im Einsatz, um jeden Bezirk pünktlich zu erreichen.“ Allerdings könnten die Fahrer sehr oft ihre Pakete mit den Impfstoffen gar nicht abliefern. Sie stünden wegen der Mittagspause, einer Fortbildung oder anderen Gründen vor verschlossenen Praxistüren. „Allein am Mittwoch konnten von den 120 bestellten Lieferungen 38 nicht abgegeben werden“, erklärte Drevenstedt. „Das zieht natürlich eine Kettenreaktion nach sich.“ Manchmal seien Praxen selbst bei einer telefonisch abgestimmten Extratour nicht besetzt gewesen. „In so einer Ausnahmesituation muss man einfach den Betrieb anderes organisieren und immer erreichbar sein“, kritisierte Drevenstedt die Ärzte. Andere Praxen hätten zwar gar keine Bestellung geschickt, mahnten aber die Lieferung nachdrücklich an und übten Kritik. Drevenstedt verteidigte die Konzentration auf nur eine Auslieferapotheke für ganz Berlin. Dadurch wisse man genau, wie viel Impfstoff in der jeweiligen Arztpraxis vorhanden sei.
Laut Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher sind in Berlin bislang 1837 Fälle von Schweinegrippe registriert worden. In der Aktuellen Stunde des Abgeordnetenhauses gabt Lompscher organisatorische Probleme im Umgang mit der erwarteten Welle von Erkrankungen zu. Zuvor hatte Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) gesagt, dass in Berlin Polizisten noch überhaupt nicht gegen die H1N1-Grippe geimpft worden seien. Der Grund: Es sei gerade erst die normale Grippeschutzimpfung abgeschlossen, und zwischen beiden Impfungen müssten bis zu zwei Wochen liegen. ste, wvb, dpa, pet
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