Von Alexander Fröhlich: „Großer Zahlenzauber“
Die Aufarbeitung des Abrechnungsskandals bei der Lasa dauert länger – der Haushalt leidet plötzlich nicht mehr darunter
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Potsdam - Noch immer beschäftigt sich Sozialminister Günter Baaske (SPD) täglich zwei Stunden allein mit dem Abrechnungsskandal bei der Landesagentur für Struktur und Arbeit (Lasa). Dennoch konnte sein Haus den Verlust von EU-Zuweisungen aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) in Höhe von 142 Millionen Euro in diesem Jahr nicht abwenden. Die Aufarbeitung der von der Lasa schludrig geführten Fördermittel-Unterlagen ist doch aufwändiger. Erst am Montag kehrten Mitarbeiter des Ministeriums aus Brüssel zurück, wo sie mit der Europäischen Kommission einen Aktionsplan ausgehandelt hatten. Zwar sind viele Mängel, die die EU vor gut einem Jahr festgestellt hatte, behoben, doch auch bei der regierungsinternen Prüfbehörde gab es Fehler. „Die Suspendierung Brandenburgs kommt“, sagte Baaske. Statt bis Ende Oktober kann Brandenburg den Zahlungsantrag für die vom Land vorgestreckten 142 Millionen Euro im November stellen. Das Geld soll dann im nächsten Jahr fließen. Baaske rechnet in der Lasa-Aufarbeitung erst im Frühjahr mit „Entspannung“. „Wäre die Zahlen richtig verbucht worden, mit einer soliden Software, wäre das alles nicht passiert.“ Tatsächlich hatte schon vor zwei Jahren ein für den interen Gebrauch erstelltes Gutachten die Fehler benannt, landete aber in der Schublade der inzwischen entlassenen Geschäftsführer.
Zufall oder nicht – parallel zur Nachricht über ausbleibende EU-Gelder verkündete Finanzminister Helmuth Markov (Linke) am Freitag auch das Ende der Haushaltssperre. Brandenburgs Haushaltslage ist besser als von Markov im Anfang Juni dargestellt. Damals ging er, drei Woche nach dem Landtagsbeschluss zum aktuellen Etat, von einem drohenden Defizit zum Jahresende von 165 Millionen Euro aus, vor allem wegen wegbrechender Lasa-Gelder. Bereits mit der Mitte August vorlegten Halbjahresbilanz schrumpfe die prognostizierte Lücke auf 117 Millionen Euro, wobei die einzelnen Ministerien das Loch deutlich kleiner einschätzen. Die Opposition sah schon zu dieser Zeit die Haushaltssperre ad absurdum geführt, Markov aber lehnte es ab, seinen Erlass aufzuheben.
Nun rechnet das Finanzministerium plötzlich mit einem Plus von 38 Millionen Euro. Nach vorläufiger Prognose dürfte sich das Land damit statt mit den im ersten rot-roten Haushalt vorgesehenen 650 nur mit 613 Millionen Euro neu verschulden. Bei Steuern und Finanzausgleich gibt es 118 Millionen Euro mehr als in der Mai-Steuerschätzung vorhergesagt. Die Verwaltungseinnahmen steigen um 40 Millionen Euro. Die Ausgaben wurden gegenüber den Berechnungen vom Juni um 115 Millionen Euro reduziert. Wegen geringerer Neueinstellungen und moderat ausgefallener Tarifsteigerung sollen für Personal 40 Millionen Euro weniger ausgegeben werden, die Zinszahlungen wurden um 75 Millionen Euro reduziert. Für Investitionen werden im Vergleich zur Markovs Prognose von Anfang Juni Mehrausgaben von 70 Millionen Euro veranschlagt. Die Sperre hätte zu einer deutlichen Spardisziplin in den Ministerien und Landesbetrieben geführt. „Wir gehen davon aus, dass die Disziplin der einzelnen Häuser bis Silvester beibehalten wird“, sagte eine Ministeriumssprecherin.
„Das ist absurd“, sagte die FDP-Landtagsabgeordnete Linda Teuteberg. „Sparsames Wirtschaften ist eine tägliche Aufgaben des Regierung auch ohne Haushaltssperre.“ Grüne-Fraktionschef Axel Vogel sprach von „großem Zahlenzauber“. Der CDU-Finanzexperte Ludwig Burkardt sagte, mit der völlig unnötigen Haushaltssperre habe Markov „ einen verheerenden Flurschaden angerichtet“, im Lande sei es zum Stillstand bei Investitionen und von Förderprojekten im ländlichen Raum gekommen. Tatsächlich hatten die Baubranche und Vertreter von ländlichen Förderprojekten über Monate gegen die Haushaltssperre protestiert.
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