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Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) in Kyritz neben dem Denkmal zur Erinnerung an die 400 000 in der DDR zwangsweise eingegliederten Bauern vor fünfzig Jahren.

© Michael Urban/ddp

Brandenburg: „Großes Unrecht“

Erstes Denkmal für Opfer der LPG-Kollektivierung in der DDR in Kyritz eingeweiht

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Kyritz - 50 Jahre nach der Zwangskollektivierung von Bauern in der DDR ist am Sonntag der damaligen Opfer gedacht worden. Vertreter des Deutschen Bauernbundes enthüllten in Kyritz als erstes derartiges Denkmal in Deutschland einen zwei Meter hohen Findling mit einer Bronzetafel.

Verbandspräsident Kurt-Henning Klamroth erinnerte daran, dass Anfang 1960 etwa 400 000 selbstständige Bauern gezwungen wurden, ihr Eigentum in Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften (LPG) einzubringen.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) nannte das Vorgehen „großes Unrecht“. Das Recht auf Eigentum sei ein Menschenrecht, betonte er vor rund 200 Teilnehmern. Der Gedenkstein sei eine Mahnung und Verpflichtung. Das Schicksal der Bauern dürfe der Bevölkerung nicht gleichgültig sein.

Als Folge der in der DDR nach sowjetischem Vorbild angeordneten Zwangsmaßnahmen flüchteten damals etwa 15 500 Landwirte in die Bundesrepublik. Zahlreiche Bauern kamen vor Gericht, die DDR- Machthaber inszenierten rund 8000 Schauprozesse. Rund 200 Bauern, die dem Druck nicht standhielten, wählten den Freitod. Die SED-Führung bezeichnete seinerzeit die am 25. April 1960 abgeschlossene Zwangskollektivierung als „Sozialistischen Frühling“.

Ulrike Poppe, Brandenburgs Landesbeauftragte für die Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur, schilderte das Leid der Bauern. Diese hätten nur die Wahl gehabt zwischen Gefängnis, Flucht oder Eintritt in die LPG.

Der Deutsche Bauernbund reagierte mit Unverständnis auf eine am Samstag in Kyritz von der Bundestagsabgeordneten Kirsten Tackmann (Linke) initiierte Gegenveranstaltung der Linken-nahen Rosa-Luxemburg-Stiftung. Dort sei die brutale Zwangskollektivierung als „Abschluss der Genossenschaftsbildung“ verharmlost worden, bemerkte der Brandenburger Verbandsgeschäftsführer Reinhard Jung. Kritik gab es speziell wegen der Teilnahme des SPD-Politikers und Präsidenten des Brandenburger Landesbauernverbandes, Udo Folgart. Klamroth wertete dies als „Missachtung der Opfer“.

Von den zu Beginn der 1950er Jahre mehr als 850 000 bäuerlichen Privatbetrieben blieben am Jahresende 1960 nur noch knapp 20 000 übrig. Am 2. September 1945 hatte der KPD-Vorsitzende und spätere DDR-Präsident Wilhelm Pieck in Kyritz die „demokratische Bodenreform“ verkündet. Sie gilt als erste Phase der Kollektivierung der DDR-Landwirtschaft.

Als Standort für den Gedenkstein war zunächst die Stadt Jessen in Sachsen-Anhalt vorgesehen. Nach Angaben des Bauernbundes hatten sich die Stadtparlamente von Jessen und später auch von Bismark in der Altmark gegen die Errichtung ausgesprochen.

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