zum Hauptinhalt

Union lehnt ab: Grüne und FDP haben nichts gegen Provinz-Soli

Der überraschende Vorstoß der Sozialdemokraten für einen „Speckgürtel-Soli“, bei dem Umlandkreise zugunsten von Regionen mit hohen Sozialausgaben zur Kasse gebeten werden sollen, sorgt in Brandenburg weiter für Aufregung.

Stand:

Potsdam - Am Freitag kam Kritik von der CDU-Opposition, während Grüne und FDP die Stoßrichtung der Pläne lobten. Der CDU-Finanzexperte Ludwig Burkard hält den von der SPD geplanten Umverteilungsansatz mit einem „Soziallasten-Faktor“ innerhalb der bestehenden Zuschüsse des Landes für die Kommunen für einen falschen Weg. Stattdessen fordert die CDU eine Aufstockung der Landesmittel für die Kommunen insgesamt. Grüne und FDP finden den Solidar-Ansatz nachvollziehbar, sehen aber Defizite im Verfahren.

Wie berichtet will die SPD-Landtagsfraktion nach einem Klausurbeschluss im vom Kabinett gerade verabschiedeten Finanzausgleichsgesetz (FAG) noch einen „Sozial“-Soli verankern, um berlinferne Landkreise und kreisfreie Städte wie Cottbus, Frankfurt (Oder) und Brandenburg mit besonders hohen Sozialausgaben zu entlasten – auf Kosten von properierenden Umlandkreisen wie Potsdam-Mittelmark. Wegen des überraschenden SPD-Klausurbeschlusses hat es, wie die PNN berichteten, bereits in der rot-roten Regierungskoalition gekracht. Linke-Fraktionschef Christian Görke warf der SPD-Landtagsfraktion sogar unprofessionelles Herangehen vor.

Grünen-Fraktionschef Axel Vogel wiederum sieht keinen Grund, die Idee eines sozialen Lastenausgleiches innerhalb der Kommunalfinanzierung zu kritisieren, Umverteilungen in diesem Gesetz seien üblich. Er stellte aber fest: „Die Abstimmung in der rot-roten Regierungskoalition funktioniert nicht.“ Auch FDP-Landeschef Gregor Beyer begrüßte die Stoßrichtung. „Der Ansatz ist vom Grundatz richtig, endlich einmal etwas für die ländlichen Räume zu tun. Das kann man machen.“ Allerdings äußerte Beyer die Befürchtung, dass Rot-Rot Koppelgeschäfte mit anderen Vorhaben mache, etwa bei der von Justizminister Volkmar Schöneburg angepackten Liberalisierung des Strafvollzuges.

Für die CDU setzten die SPD-Pläne nicht bei den Ursachen an. „Es ist unbestritten, dass die hohen Sozialkosten die Kreise und kreisfreien Städte stark belasten“, sagte Ludwig Burkardt, der Finanzexperte der CDU-Landtagsfraktion. „Die SPD verteilt aber den kommunalen Mangel nur um, statt das eigentliche Problem zu lösen.“ Burkardt verwies auf ein Gutachten der Landesregierung, nach dem die Finanzdecke für alle Kommunen in Brandenburg zu kurz sei, pro Jahr mindestens 84 Millionen Euro an Schlüsselzuweisungen vom Land fehlen würden. „Statt einigen Landkreisen in die Tasche zu greifen, brauchen die Kommunen insgesamt eine angemessene Finanzausstattung.“ Das ist auch die Position der kommunalen Spitzenverbände, des Städte- und Gemeindebundes und des Landkreistages. Vor Ort, bei unmittelbar von hohen Sozialausgaben betroffenen Kreisen und Städten, ist man pragmatischer. Man drängt auf Geld, egal, woher es kommt. So betonte Dietlind Tiemann, CDU-Oberbürgermeisterin von Brandenburg an der Havel, „dass auch eine gerechtere innerkommunale Verteilung kein Tabu sein darf“. Tiemann findet den Ansatz der SPD-Landtagsfraktion positiv. Entscheidend sei am Ende, dass an einer Aufstockung der Mittel für die Hauptbetroffenen kein Weg vorbeiführe. Tiemann erinnerte daran, dass bereits eine Klage vor dem Landesverfassungsgericht die Schieflage bestätigt hatte.

Die Sozialausgaben in Brandenburg explodieren. Allein die Zuschussbedarfe für soziale Sicherung sind in den 14 Kreisen und vier kreisfreien Städten von 96 Millionen Euro pro Jahr (2000) auf 386 Millionen (2009) gestiegen, nicht nur in den Randregionen – auch in den berlinnahen Kreisen und in Potsdam.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })