Brandenburg: Grüne warnen vor Schuldzuweisungen
Sondersitzung von Innen- und Rechtsausschuss zu früheren Stasi-Spitzeln beim Staatsschutz des LKA
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Potsdam - Jörg Schönbohm kommt. Ein Kurierfahrer im Auftrag des Landtags überbrachte Brandenburgs Ex-Innenminister die Einladung am Montagnachmittag, gerade noch rechtzeitig 24 Stunden vor der gemeinsamen Sitzung des Innen- und Rechtsausschusses. Dem Vernehmen nach war der CDU-Politiker schon leicht gereizt, weil er bislang nur aus der Presse wusste, dass er im Landtag Auskunft geben soll über den Umgang mit stasibelastete Polizisten in seiner Zeit als Innenminister. Schönbohm habe auch seinen Stolz, lege Wert auf Förmliches, hieß es.
Auf Antrag von CDU und FDP befassen sich die beiden Ausschüsse auf der Sondersitzung mit Stasi-Verstrickungen in der brandenburgischen Polizei. Vor kurzem war bekannt geworden, dass 17 der 56 Staatsschützer im Landeskriminalamt (LKA) einst im Dienst des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) standen. Für die CDU-Fraktion ein Skandal. Schönbohm einzuladen aber war eine Idee der SPD-Fraktion, die damit die CDU vorführen will. Denn aus Sicht der SPD ist die von der CDU geführte Debatte heuchlerisch, weil deren Ex-Minister Schönbohm schon 2009 die betroffenen Beamten in Schutz genommen und bewusst auf weitergehende Konsequenzen verzichtet hat. Für Schönbohm war die Stasi-Überprüfung in den Reihen der Polizei bereits 2009 erledigt. Einen neuen Stasi-Check lehnte er damals ab.
Auf Drängen der CDU wiederum wurde zur Sondersitzung auch Hans Otto Bräutigam eingeladen, er war von 1990 bis 1999 erster Justizminister in Brandenburg. Bräutigam habe sein Kommen zugesagt, teilte der Landtag am Montag mit. Zudem soll Alwin Ziel angehört werden, der damals Innenminister war und als SPD-Landtagsabgeordneter ohnehin im Innenausschuss sitzt. Offen blieb, ob Ex-Justizministerin Beate Blechinger (CDU) kommt. Von früheren Regierungsmitgliedern erhoffen sich CDU und FDP Aufschluss über die Einstellungs- und Überprüfungspraxis bei der Polizei in den Nachwendejahren. Auch die gegenwärtigen Minister für Inneres und Justiz, Dietmar Woidke (SPD) und Volkmar Schöneburg (Linke), werden erwartet.
Ob es den Ausschüssen gelingt, damit den Neuaufbau der Polizei in Brandenburg nach 1990 ohne parteipolitisches Gerangel aufzuarbeiten, das bezweifeln jedoch die Grünen. Deren Innenexpertin Ursula Nonnemacher warnte am Montag vor einer „Inquisition“ beim Umgang mit stasibelasteten Polizeibeamten. „Es ist fraglich, ob mit dieser Sondersitzung mehr Klarheit in der Sache geschaffen wird“, sagte Nonnemacher. Mit der „reihenweisen Einbestellung früherer Innenminister“ könnte die Frage nach Konsequenzen von gegenseitigen Schuldzuweisungen überlagert werden. Und Nonnemacher erinnerte daran, welches Gremium sich gerade mit Aufarbeitung befasst: die Enquetekommission zum Umgang mit der SED-Diktatur. „Dort wird die Einstellungspraxis der Polizei detailliert untersucht und dort wird auch die Frage nach weiteren Konsequenzen zu diskutieren sein.“ Alexander Fröhlich
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