Brandenburg: Grüne wollen Polens Atompläne stoppen Ein Gutachten belegt Verstöße gegen EU-Recht
Potsdam - Die Grünen in Brandenburg, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern wollen bei der EU-Kommission gegen Polens Pläne für Atomkraftwerke intervenieren. „Unser Ziel ist es, dass polnische Atomenergieprogramm zu stoppen, weil dadurch unser Anspruch auf Leben und Gesundheit beeinträchtigt wird“, sagte der Grüne-Fraktionschef im brandenburgischen Landtag, Axel Vogel.
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Potsdam - Die Grünen in Brandenburg, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern wollen bei der EU-Kommission gegen Polens Pläne für Atomkraftwerke intervenieren. „Unser Ziel ist es, dass polnische Atomenergieprogramm zu stoppen, weil dadurch unser Anspruch auf Leben und Gesundheit beeinträchtigt wird“, sagte der Grüne-Fraktionschef im brandenburgischen Landtag, Axel Vogel. Er beruft sich auf ein Gutachten im Auftrag der drei Grünen-Fraktionen, das erhebliche Verstöße des Nachbarlandes gegen EU-Recht feststellt. Vogel sagte, das polnische Atomprogramm weise „schwerwiegende inhaltliche Fehler und Lücken auf“. Deshalb wollen die Grünen nun Brüssel wegen Verstößen gegen Standards bei der Umweltprüfung und mögliche Wettbewerbsverstöße auf dem polnischen Strommarkt einschalten, weil dem Investor ein Monopol auf dem Strommarkt zugesagt werde.
Nachdem in Warschau als Standort zeitweise das nur 150 Kilometer nordöstlich von Berlin gelegene Greifenhagen (Gryfino) im Gespräch war, wird unter 28 potenziellen Standorten jetzt das von Berlin 270 Kilometer entfernte Zarnowiec bei Danzig favorisiert, außerdem das in der Nähe gelegene Choczewo sowie Gaski, gut 100 Kilometer östlich von Usedom. Weitere Kernkraftwerke sind geplant, darunter auch Standorte in der Nähe der deutsch-polnischen Grenze.
Allerdings ist das Gutachten der Berliner Rechtsanwältin Cornelia Ziehm über Polens Vorgehen vernichtend. Sie stellt schwer wiegende Verfahrensfehler fest. Bereits im Mai habe Polen sein Atomprogramm beschlossen, ohne die nach EU-Recht zwingenden „grenzüberschreitenden Konsultationen“ vorzunehmen. Auch die fachlichen Mängel seien gravierend. So werde die Atomkatastrophe vom März im japanischen Fukushima im Kernenergieprogramm nicht einmal erwähnt. Risiken würden verharmlost, dagegen Erneuerbare Energien etwa aus Windparks als gesundheitsgefährdend dargestellt. Alternativen wie der Ausbau Erneuerbarer Energien seien nicht geprüft worden. Teils betreiben die Polen aus Sicht der Gutachterin gänzlich Schönfärberei, Auswirkungen auf Gewässer oder achbarstaaten würden ausgeblendet. Denn Warschau geht davon aus, dass „schwerwiegende Havarien einmal pro eine Million Jahre passieren“ und dann die Gabe von Jodtabletten an die Bevölkerung in einem Radius von drei Kilometern ausreiche. In Tschernobyl und Fukushima sind Sperrzonen von 30 Kilometern um die explodierten Atommeiler gezogen worden.
Auch die Landesregierungen von Berlin und Brandenburg wollen Polen von den Atomplänen abbringen. Die Abwägung zwischen Atomkraft und Erneuerbaren Energien „stimmt einfach nicht“, hieß es beim Berliner Senat. Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) brachte bei seinem Besuch in Warschau am Montag „seine generelle Kritik“ an der Atomkraft“ bei Polens Wirtschaftsminister und Vize-Regierungschef Waldemar Pawlak vor. Der will sich nun auf Platzecks Einladung Standorte Erneuerbarer Energien in Brandenburgs ansehen.
Das polnische Atomprogramm und der Umweltbericht liegen seit Oktober auf Deutsch vor. Bis 4. Januar 2012 können Bürger Stellungnahmen einreichen. Informationen dazu bietet Brandenburgs Umweltministerium im Internet. (mit obs)
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