Brandenburg: Gullydeckel werden zu beliebtem Diebesgut
Erneut stahlen Unbekannte in Berlin Gullys. Täter versuchen Beute bei Schrotthändlern zu Geld zu machen
Stand:
Berlin - Der Autofahrer hatte Glück im Unglück: Weil sich erneut ein Gullydeckel-Dieb an einem Schacht zu schaffen machte, blieb der 24-Jährige am Sonntag in der Quickborner Straße in Berlin mit seinem linken Vorderreifen in einem offenen Gullyschacht hängen. Doch der Fahrer erlitt bei dem Unfall im Märkischen Viertel keine Verletzung – lediglich am Auto entstand ein Sachschaden. Insgesamt zehn Gullys hatten Unbekannte hier, ebenso wie in verschiedenen Straßen in Wittenau und Rosenthal, gestohlen. Die Kripo ermittelt nun.
Gullydeckel-Diebstahl kann lukrativ sein. Denn die „Straßenregeneinlaufschächte“ – so heißen die Gullys rechts am Fahrbahnrand eigentlich – bestehen aus Buntmetall. Und dies wiederum lässt sich bei Schrotthändlern zu Geld machen. Rund 40 Kilogramm wiegt ein Gullyschacht. Experten schätzen, dass der Preis pro Gully beim Schrotthändler bei unter 10 Euro liegt.
Damit zählen Gullyschächte ebenso wie Kupferkabel aus Oberleitungen der Deutschen Bahn, Aluminiumteile und Metallschrott zur beliebten Beute der Buntmetalldiebe. In den vergangenen Jahren stieg die Zahl der Kupferklau-Taten: Die Diebe suchen vorallem in Brandenburg Bahnanlagen, Baustellen oder stillgelegte Industrieanlagen auf.
Erst in der Nacht zum Samstag war es zu Verspätungen im Bahnverkehr gekommen, nachdem Diebe Erdungskabel an der Bahnstrecke bei Birkenwerder (Oberhavel) gestohlen hatten. Nach Meldung einer Weichenstörung hatte eine Streife drei Täter entdeckt, die abgetrennte Kabel in ein Auto luden. Mit Hilfe weiterer Beamter und eines Polizeihubschraubers war einer aus dem Trio, ein 20-jähriger Russe, festgenommen worden. Gegen den Mann, der sich unerlaubt in Deutschland aufhält, erging Haftbefehl.
In Berlin riet die Polizei gestern allen Verkehrsteilnehmern, besonders wachsam zu sein, da offene Gullyschächte nicht sofort erkennbar seien. Auch die BVG-Busfahrer sind gewarnt. „Sie wissen um die Gefahr und sind angehalten, jeden fehlenden Gully sofort zu melden“, sagte BVG-Sprecherin Petra Reetz. Bislang sei noch kein Bus in einen leeren Schacht gefahren.
Erst am Sonnabend war ein 23-jähriger Buntmetalldieb in Spandau Zeugen aufgefallen. Der Bulgare war dabei, Gullydeckel auf seinen Lkw zu wuchten. Insgesamt fehlten in der Umgebung sechs Gullys. Seinen Erlös vom Schrotthändler verzockte der Dieb in einer Spielothek, als die Polizei ihn festnahm. Wie die Polizei gestern mitteilte, wird gegen ihn wegen Hehlerei und gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr ermittelt. „Man muss schon ziemlich kräftig sein, das richtige Werkzeug und einen gesunden Rücken haben, um die Gullys hoch zu wuchten“, sagt der Sprecher der Berliner Wasserbetriebe, Eike Krüger. Die Regenabläufe gehören den Wasserbetrieben. „Wir haben die gestohlenen Gullys sofort durch neue ersetzt“, sagt Krüger.
Derzeit sind Ermittler dabei, verschiedene Schrotthändler zu befragen. Allerdings könne man nicht davon ausgehen, dass sich ein Händler automatisch strafbar macht, wenn er einen Gullydeckel einkauft. „Stammen die Gullys von Privatstraßen, beispielsweise auf Werksgeländen, ist der Ankauf nicht verboten“, sagt ein Polizeisprecher. Tanja Buntrock
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: