Brandenburg: Gysi: „Das war ein blöder Start“
Ost-Linke: Aus Fehlern in Brandenburg lernen / Sachsen-Anhalt will Kandidten auf Stasi-Vergangenheit überprüfen
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Potsdam/Berlin/Magdeburg - Die Affären und Diskussionen um das Stasi-belastete Spitzenpersonal der brandenburgischen Linkspartei wird Konsequenzen in Sachsen-Anhalt haben: Auch dort will sich die Parteispitze angesichts der Enthüllungen über frühere Spitzeldienste brandenburgischer Linke-Landtagsabgeordneter nicht mehr auf die Offenheit der eigenen Leute verlassen. Die Vergangenheit der Linke-Kandidaten für die Landtagswahl 2011 solle nun genau überprüft werden, sagte Linke-Fraktionschef Wulf Gallert der Nachrichtenagentur dpa in Magdeburg. „Brandenburg zeigt für mich, dass man einen offenen und ehrlichen Umgang mit der individuellen Vergangenheit braucht“, so Gallert. Deshalb müssten 2010 die Biografien der Bewerber bei der Aufstellung der Landesliste für die Wahl noch einmal unter die Lupe genommen werden. „Die Leute haben ein Recht zu wissen, um wen es geht“, sagte der Fraktionschef.
Linke-Bundestags-Fraktionschef Gregor Gysi hat das unaufrichtige Verhalten einiger Linke-Abgeordneter im Brandenburger Landtag kritisiert. „Das war ein blöder Start und wir sind Schuld daran“, sagte Gysi der dpa. Zu den Abgeordneten, deren Stasi-Mitarbeit bzw. deren wahres Ausmaß an Verstrickung erst nach der Landtagswahl im September bekanntgeworden war, meinte Gysi: „Man überrascht damit nicht die Wähler und nicht die eigene Partei. Ich hoffe, dass jetzt nichts mehr kommt.“
In Brandenburg seien die Biografien bezüglich der Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit nicht ausreichend oder gar nicht offengelegt worden, sagte Gallert. „Die Dinge müssen aber differenziert betrachtet werden.“ So habe die Chefin der Linke-Landtagsfraktion in Brandenburg, Kerstin Kaiser, „das direkte Wählervotum in ihrem Wahlkreis bekommen. Die Leute wussten, worum es geht. Sie kennen die Verfehlungen in der Vergangenheit und haben sich im Bewusstsein dessen für sie entschieden.“ Ähnlich sei der Fall des in den Bundestag gewählten Landesvorsitzenden Thomas Nord, dessen IM-Tätigkeit bekanntgewesen sei. Bekannt war auch die Spitzeltätigkeit des Potsdamer Linke-Politikers und Landtagsabgeordneten Hans-Jürgen Scharfenberg und des Abgeordneten Axel Henschke.
Erst nach der Wahl war die Spitzeltätigkeit des kulturpolitischen Sprechers der Linke-Fraktion, Gerd-Rüdiger Hoffmann, publik geworden. Die Linke forderte daraufhin von ihm den Mandatsverzicht. Hoffmann verweigert dies und sitzt als fraktionsloser Abgeordneter im Landtag. Die Abgeordnete Renate Adolph kam Medienenthüllungen zuvor und legte ihr Mandat nieder. Landtagsvizepräsidentin Gerlinde Stobrawa bestreitet trotz neuer, sie belastender Aktenfunde, für den DDR-Geheimdienst MfS gespitzelt bzw. Berichte verfasst zu haben. Sie trat erst auf massiven Druck ihrer Partei vom Posten des Parlamentsvize zurück.
Um Enthüllungen wie in Brandenburg zu vermeiden, „werden die Leute bei der Listenaufstellung ihre politischen Biografien offenlegen“, sagte Gallert nun in Magdeburg. Ein entsprechender Parteibeschluss von 1991 habe zwar immer Bestand gehabt. „Manchmal ist aber die Frage, mit welcher Ernsthaftigkeit man da rangeht“, sagte er. dpa/pet
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