Brandenburg: Haasenburg: Gericht weist Klage ab Umstrittene Heime bleiben geschlossen.
Richter sehen Risiko der Kindeswohlgefährdung
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Potsdam - Etappensieg für Brandenburgs Bildungsministerin Martina Münch (SPD): Das Verwaltungsgericht Cottbus lehnte am gestrigen Dienstag einen Antrag der Haasenburg auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz gegen den vom Ministerium verfügten Entzug der Betriebserlaubnis ab. Das sagte Gerichtssprecher Gregor Nocon den PNN. Der Weiterbetrieb der Heime könnte das Kindeswohl gefährden, stellte das Gericht fest.
Mit dem Antrag wollte das Unternehmen die sofortige Vollziehbarkeit der Schließung der drei Heime in Brandenburg stoppen und durchsetzen, die Heime bis zur endgültigen Klärung des Rechtsstreits weiterbetreiben zu dürfen. Parallel hat die Haasenburg Widerspruch gegen den Entzug der Betriebserlaubnis beim Ministerium eingelegt. Bei Ablehnung kann die Haasenburg dann in einem Hauptsacheverfahren vor dem Verwaltungsgericht klagen. Die gestrige Entscheidung des Verwaltungsgerichts in dem Eilverfahren ist aber noch nicht abschließend. Die Haasenburg kann dagegen letztinstanzlich vor das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) ziehen.
Allerdings bietet die Begründung für eine Entscheidung im Eilverfahren meist schon weitreichende Anhaltspunkte für den Ausgang der anderen Verfahren. Demnach bestehen gute Chancen, dass die Schließung der Haasenburg-Heime auch vor dem OVG und im Hauptsacheverfahren Bestand hat. Die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Cottbus stützte sich bei ihrer Entscheidung auf den Bericht der von Münch eingesetzten Untersuchungskommission. Diese Gefährdung des Kindeswohls wohne schon dem Konzept der Heime inne, stellte die Kammer fest. Es basiere im Wesentlichen auf pädagogischen Ansätzen, entbehre aber hinreichender psychotherapeutischer Flankierung. Das Gericht geht zwar davon aus, dass es eine relevante Zahl von Kindern und Jugendlichen gebe, welche die pädagogischen Angebote für sich nutzen und hierin Halt und Orientierung finden. Für Insassen, die das pädagogische Programm verfehlen, weil sie das System der Verhaltensanpassung ablehnen oder davon überfordert sind, gebe es weder Verständnis noch Alternativen, bemängelten die Richter. Diese Kinder mussten über Monate „stark einschränkende Bedingungen auf niedrigster Lebensqualitätsstufe, einen weitgehenden Verlust des Subjektstatus, völlig inadäquate schulische Betreuung und eine starke Isolation hinnehmen“.
Bildungsministerin Münch begrüßte die Entscheidung des Cottbuser Verwaltungsgerichtes. „Das pädagogische Selbstverständnis in den Heimen der Haasenburg war überwiegend von überzogenen, schematischen und drangsalierenden Erziehungsmaßnahmen auf Kosten der dort untergebrachten Jugendlichen geprägt“, sagte sie. Jugendliche in der Haasenburg hätten jederzeit mit unverhältnismäßigen körperlichen Zwangsmaßnahmen rechnen müssen.
Die Haasenburg ist auch ein Fall für die Finanzbehörden. Sie prüfen das Geschäftsgebahren und die Bilanzen der – wegen unverhältnismäßiger körperlicher Zwangsmaßnahmen gegen Jugendliche von den Behörden geschlossenen – Haasenburg GmbH auf mögliche Steuervergehen. Die Staatsanwaltschaft Cottbus hatte ihre Ermittlungen zu Misshandlungsvorwürfen auf mögliche Wirtschaftsdelikte ausgeweitet, um Anhaltspunkte für wirtschaftliche Unregelmäßigkeiten bei dem Unternehmen zu prüfen, und die Finanzbehörden eingeschaltet. Die von Münch eingesetzte Untersuchungskommission hatte Hinweise gefunden, dass zu wenig Personal für die Jugendlichen in den drei Haasenburg-Heimen eingesetzt wurde und die Firma von Jugendämtern Tagessätze von 300 bis 500 Euro kassierte. Die Kommission fand deutliche Hinweise, dass Leistungen nicht erbracht worden sein sollen.
Die Staatsanwaltschaft Cottbus ermittelt in mehr als 70 Fällen wegen Misshandlungsvorwürfen gegen Erzieher und den Heimbetreiber. Nach neuesten Erkenntnissen ist trotz des Verbots von Fixierliegen im Herbst 2009 durch das Landesjugendamt in mindestens einem Fall ein Jugendlicher danach noch gefesselt worden. Das wäre ein klarer Verstoß gegen die Betriebserlaubnis. Bislang hatte die Haasenburg behauptet, die Fixierliegen seien Ende 2009 abgeschafft worden. An der Fixierliege wurden DNA-Spuren von einem Ex-Insassen gefunden, der Strafanzeige erstattet hatte. Alexander Fröhlich
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