Brandenburg: Halb so viele Tote bei Tempo 130
Mehr Tempolimits in Brandenburg geplant – laut Studie werden Autobahnen sicherer
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Potsdam - In Brandenburg wird es in den kommenden Jahren weitere Tempolimits auf Autobahnen geben. Das kündigte gestern Verkehrsminister Reinhold Dellmann (SPD) in Potsdam an. Welche Strecken dies betreffen werde, solle noch vor Weihnachten bekannt gegeben werden. Vorstellbar sei aber etwa eine Temporeduzierung auf 130 km/h auf dem südlichen Berliner Ring, so der Minister weiter. Ein generelles Tempolimit auf märkischen Autobahnen sei rechtlich nicht einführbar, so Dellmann, da jedes einzelne Tempolimit begründet werden müsse. Freie Fahrt herrscht in Brandenburg derzeit noch auf 57 Prozent der insgesamt 790 Kilometer Autobahn. Auf 337 Kilometern herrscht entweder aus Sicherheits-, Umwelt- oder Lärmschutzgründen ein Tempolimit.
Obwohl sich der SPD-Bundesparteitag vor zwei Wochen ausdrücklich für eine generelle Tempobegrenzung auf deutschen Autobahnen auf 130 km/h ausgesprochen habe, glaube er nicht, dass es „in den nächsten zwei oder drei Jahren dazu kommen wird“. Dellmann selbst hat sich wiederholt für Tempo 130 ausgesprochen.
Eine Geschwindigkeitsbegrenzung von maximal 130 Kilometer pro Stunde auf Brandenburgs Autobahnen würde nicht nur die Zahl der Unfälle drastisch reduzieren, sondern auch den Verkehrsfluss deutlich erhöhen. Zu diesen Ergebnissen kommt eine vom brandenburgischen Verkehrsministerium in Auftrag gegebene Studie, die Dellmann gestern in Potsdam vorstellte. „Der volkswirtschaftliche Nutzen wäre deutlich größer als die Kosten für längere Fahrtzeiten“, so der Minister. Die Bundesregierung solle deshalb ihre eigenen Untersuchungen aktualisieren und die Brandenburger Erfahrungen prüfen. Ausdrücklich forderte Dellmann das Bundesverkehrsministerium auf, eine ähnliche Studie bundesweit durchzuführen. Das Bundesumweltministerium, so der Minister weiter müsse die Effekte für Umwelt und Klima ermitteln.
Um 20 bis 50 Prozent ging laut Studie die Zahl der Unfälle und Verkehrstoten nach Einführung eines Tempolimits auf den betreffenden Brandenburger Autobahnabschnitten zurück. Ein Beispiel dafür ist der rund 60 Kilometer lange Abschnitt der A 24 zwischen den Dreiecken Havelland und Wittstock. Vor Einführung eines Tempolimits von 130 Kilometer pro Stunde im Dezember 2002 gab es hier jährlich zwischen sechs und acht Unfalltote. In den beiden zurückliegenden Jahren zählte die Polizei jeweils nur einen tödlichen Verkehrsunfall. Die Zahl der Schwerverletzten ging von 54 im Jahr 2002 auf 29 im Jahr 2006 zurück. Zwar ereignen sich auf den Abschnitten mit Tempolimit statistisch genau so viele Unfälle, wie auf den freien Pisten – doch die Zahl der schweren Unfälle sei geringer.
Ebenso erhöhe ein langsameres und gleichmäßigeres Fahren die Kapazität der Fahrbahnen, so die Studie. Pro Tag und Richtung könne eine sechsspurige Autobahn bei Tempo 130 etwa 7200 Fahrzeuge mehr aufnehmen als bei freigegebener Geschwindigkeit.
Würde auf den freigegebenen Strecken das Tempo zwangsweise gedrosselt, prognostiziert die Studie eine Verringerung der jährlichen Unfallkosten von derzeit 45 auf 33 Millionen Euro.
Für die Studie wurden an sieben festinstallierten Messpunkten an Brandenburgs Autobahnen, an denen die Geschwindigkeit aller Autos gemessen werden kann, auch die Durchschnittsgeschwindigkeit für jede Fahrspur gemessen. Am Messpunkt auf der je Fahrtrichtung dreispurigen A9 bei Niemegk wurde demnach am Messtag auf der linken Spur eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 164 km/h gemessen; 15 Prozent aller Fahrzeuge auf der Spur seien schneller als 227 km/h gefahren, so Deilmann. Selbst auf der langsamen rechten Spur, auf der zudem der auf Tempo 80 oder 90 gedrosselte Lkw-Verkehr unterwegs ist, fuhren 15 Prozent aller Fahrzeuge mehr als 143 km/h.
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