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Brandenburg: Hartmut holt schon mal den Wagen
Der Umzug des Flughafens wird bereits geplant. Hartmut Mehdorn sucht ein Umzugsunternehmen. Der Einsatz wird mehr als 50 Wochen dauern
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Schönefeld - Es wird Straßensperren geben, tonnenschwere Zugmaschinen im Konvoi – ein wenig Ausnahmezustand in Brandenburg und Berlin. Wenn der Flugbetrieb von Tegel nach Schönefeld umzieht und der neue Hauptstadtflughafen in Betrieb geht, wird das ganze Land hinsehen. Nichts darf dann schiefgehen, nicht nach all dem Ärger, den Deutschlands berüchtigtste Baustelle schon produziert hat. Flughafenchef Hartmut Mehdorn hat deshalb schon jetzt mit der Vorbereitung begonnen – obwohl der Umzugstermin zum drittgrößten deutschen Flughafen BER noch längst nicht feststeht. Auch für Mehdorn ist es eine Rechnung mit vielen Unbekannten.
1500 Lastwagenfahrten werden auf der 35-Kilometer-Strecke von Tegel nach Schönefeld nötig sein, 150 Flughafennutzer sind zu koordinieren, wie es in der Ausschreibung heißt, mit der Mehdorn seit Kurzem europaweit so etwas sucht wie ein Umzugsunternehmen. Im Europäischen Amtsblatt ist auch eine Ausschreibung erschienen, in der die Flughafenbetreibergesellschaft einen Caterer sucht, der die Verpflegung sicherstellt, wenn der Flughafen nach seiner Fertigstellung startklar gemacht wird. Der Lieferant soll demnach während eines Zeitraums von vier bis sechs Monaten Lunchpakete, Obst, Müsli- und Schokoriegel sowie alkoholfreie Getränke liefern – für zusammengerechnet zwischen 30 000 und 50 000 Personen. Die Anforderungen sind klar formuliert: Die „kalte Hauptmahlzeit“ im Lunchpaket solle „regelmäßig variieren“ zwischen Sandwiches, Baguettes, Bagels oder Wraps und in Vollkornvariante angeboten werden. „Sowohl vegetarischer als auch nicht vegetarischer Belag“ solle zur Auswahl stehen, fordert die Ausschreibung. Mit ein paar Schrippen, Buletten und einer Kiste Bier wie beim normalen Umzug ist es nicht getan, das zeigen andere Dimensionen.
Den Umzug planen, bevor der Einzugstermin feststeht? Der zweite Schritt vor dem ersten? Nein. Denn der Vorlauf ist enorm. „Nach dem derzeitigen Planungsstand kann von einem projektbegleitenden Einsatz im Zeitraum von 53 Wochen vor und 3 Wochen nach der geplanten Flughafeninbetriebnahme ausgegangen werden“, lässt Mehdorn wissen.
Solche Ausschreibungen erlauben keine Rückschlüsse auf den Zeitplan, wie Flughafensprecher Ralf Kunkel betont; Termine will Mehdorn erst Ende des Jahres nennen. Der 72-Jährige betont allerdings, er besitze einen Zeitplan, der quasi tagesgenau sei, aber geheim bleibe, bis der Eröffnungstermin hundertprozentig sicher sei: „Wir können uns keine weitere Blamage leisten.“
Seine Vorgänger hatten vier Eröffnungstermine absagen müssen. Technikprobleme, Fehlplanungen und Baumängel verhindern den Flughafenstart nun seit fast drei Jahren. Die Kosten stiegen - auch durch Vergrößerungen des Projekts - von 2 auf voraussichtlich 5,4 Milliarden Euro. Ein Start vor Herbst 2016 gilt als unwahrscheinlich. Doch so lange kann die Umzugsplanung nicht warten. Schon steht fest: Nicht alles muss erst in der „Nacht der Nächte“ vor dem ersten Flugtag rüber. Die „Kernumzüge“ sollen acht Wochen vorher beginnen. Mehdorn will das Vorhaben möglichst entzerren, das Konzept von 2012 soll „grundlegend überarbeitet“ werden, heißt es.
Das ist nötig, weil Mehdorn plant, den alten Flughafen Schönefeld in Sichtweite des Neubaus doch weiterzubetreiben. Weil es im Neubau vom Start weg eng wird, soll der alte DDR-Zentralflughafen durchhalten. Ob der Plan durch den Aufsichtsrat kommt, ist noch offen. In der Bundesregierung gibt es Bedenken.
Schon mit seinem Plan für eine Teileröffnung des BER war Mehdorn in dem Kontrollgremium abgeblitzt. „Wir müssen alle schrittweise auf den Countdown einstimmen“, hatte er geworben. Die Möglichkeiten, den Umzug zu entzerren, sind begrenzt. „Es muss alles bis zur Schließung Tegels dort bleiben, damit wir dann über Nacht umziehen können“, so Wolfgang Weber, Sprecher der Lufthansa, dem zweitgrößten Berliner Flughafennutzer nach Air Berlin. Was bei einem Flughafen-Umzug schiefgehen kann, hatte das Kofferchaos von London-Heathrow 2008 gezeigt. Deshalb holten sich die Berliner für 2012 Experten vom Flughafen München. Burkhard Fraune
Burkhard Fraune
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