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Willkommen im 1-Euro-Shop. Die Schießstände sind marode, die Waffen alt. Die Berliner Polizei macht im Jahr 2016 nicht immer den frischesten Eindruck.

© Kai-Uwe Heinrich

Brandenburg: Haste mal’n Euro – für eine Polizeipistole

Berlins Dienstwaffen sind veraltet. Statt Neuware zu beschaffen, werden ausgemusterte und günstige Schießeisen aus Schleswig-Holstein gekauft. Brandenburg entscheidet sich für einen Neukauf

Stand:

Berlin - Die Berliner Polizei bekommt neue Dienstpistolen. Die Waffen, genau 1139 Stück, sind allerdings gebraucht und wurden bereits ausgemustert. Sie lagern derzeit auf einer Dienststelle der Landespolizei von Schleswig-Holstein. Der Deal ist bereits vereinbart, wie ein Polizeisprecher bestätigte, die Waffen liegen zur Abholung bereit. Die Kaufsumme ist recht überschaubar: ein Euro pro Pistole.

Mit den Pistolen sollen verschlissene und irreparable Pistolen ersetzt werden. Das Waffenarsenal der Berliner Polizei – rund 20 000 Dienstwaffen gibt es – ist bereits recht betagt. „Einige Pistolen sind 15 bis 20 Jahre alt“, sagt Polizeisprecher Thomas Neuendorf. Bei regelmäßiger Wartung sei das aber kein Problem. Die Beamten nutzen weiterhin ein Fabrikat, das in Schleswig-Holstein bereits ausrangiert wurde und längst nicht mehr hergestellt wird: die P6 der Firma Sig Sauer.

Auch Brandenburgs Polizei schafft neue Waffen an, allerdings komplett neue. Ab 2017 liefert Heckler & Koch 8000 Pistolen vom Typ SFP9. Samt Zubehör gibt Brandenburg dafür 4,8 Millionen Euro aus. Heckler & Koch hatte sich bei einer Ausschreibung gegen SIG Sauer durchgesetzt. Bis 2020 werden dann alle Dienstpistolen der Brandenburger Pistolen komplett ausgetauscht.

Nach Angaben des Innenministeriums in Potsdam haben die bisherigen Dienstwaffen ausgedient, der Verschleiß wegen überlanger Nutzungsdauer sei hoch. Brandenburg macht mit den ausgemusterten Pistolen aber keine Geschäfte wie die Nachbarn in Berlin. Die Anfang der 1990er-Jahre angeschafften Waffen vom Modell P228 von SIG Sauer werden vernichtet – im Stahlwerk.

Die neuen halbautomatischen Pistolen sollen deutlich leichter zu bedienen und bequemer zu tragen sein – sie sind 100 Gramm leichter und haben zwei Schuss mehr im Magazin. Die sogenannte Eigensicherung der Beamten werde damit deutlich erhöht, auch weil die Waffen schneller entsichert werden können. Eine Rolle spielte bei der Auswahl der Waffe, ob die Pistole auch mit kleineren Händen geführt werden kann. Denn der Anteil der Frauen in der Polizei ist auf ein Viertel gestiegen.

Auch für die Berliner Polizei soll modernes Material angeschafft werden, bei der Menge der Waffen sei das aber sehr zeitaufwendig, sagte Neuendorf. Gegenwärtig werde der Leistungskatalog für die anschließende Ausschreibung zusammengestellt. Es müssten aber auch ein Trainingsprogramm für die neuen Waffen aufgelegt und die Waffenkammer entsprechend umgerüstet werden. Vor 2018 ist mit der eigentlichen Beschaffung wohl nicht zu rechnen.

Der Bund der Kriminalbeamten in Berlin (BdK) ist stinksauer: „Wer so gespart hat, dass wir nun mit alten, gebrauchten und nicht mehr produzierten Schusswaffen für einen Euro ausgerüstet werden müssen, dem scheint unser Leben kaum einen Cent wert zu sein“, sagte der Landesvorsitzende des BdK, Michael Böhl. Auch wenn die Schusswaffen noch gebrauchsfähig seien, passten sie nicht optimal zu der in Berlin verwendeten Munition. Die Polizei wies das zurück. Die Waffen seien geprüft und für „technisch einwandfrei“ befunden worden. „Die P 6 ist weiterhin zertifiziert“, erklärte Neuendorf – das bedeutet, für den Polizeidienst zugelassen. Es gebe allerdings einige Unterschiede zu moderneren Pistolen der Firmen Heckler & Koch und Walther. Der gravierendste: Die P6 hat acht, die neuen Waffentypen haben bis zu 15 Patronen im Magazin.

Dass die Bewaffnung der Polizisten in Berlin veraltet sein könnte, wurde in der politischen Diskussion um marode Schießstände und die Einführung der Elektroschockwaffe Taser offenbar übersehen. Innensenator Frank Henkel (CDU) möchte den Taser in größerem Rahmen testen, SPD und die Opposition sind skeptisch bis ablehnend. Der Innenexperte der Linken, Hakan Tas, hält die veralteten Waffen aus Schleswig-Holstein für ein „Sicherheitsrisiko“ für die Beamten. Die CDU, die immer das Thema Sicherheit spiele, „macht sich damit lächerlich.“

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