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Brandenburg: Hauptstadtregion ohne Landesplanung

Regierung prüft Klage und Konsequenzen aus Urteil. Folgen für BER-Flughafen nicht absehbar

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Potsdam - Brandenburgs Landesregierung will gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichtes (OVG) vorgehen, das den geltenden Landesentwicklungsplan für die Hauptstadtregion wegen Formfehlern gekippt hatte. Das hat Infrastrukturminister Jörg Vogelsänger (SPD) am Dienstag angekündigt. Man prüfe, „gegen die Nichtzulassung der Revision Beschwerde einzulegen“. Wenn das geschieht, müsste das Bundesverwaltungsgericht entscheiden. Vorher ist das Urteil nicht rechtskräftig. Die Landesregierung gewönne Zeit.

Es ist immerhin das zentrale Planwerk für eine geordnete Entwicklung von Berlin und Brandenburg, das „Wildwuchs“ einen Riegel vorschob und nun vom OVG für unwirksam erklärt wurde. Im Landesentwicklungsplan ist etwa festgelegt, welche Orte den Zentren-Status haben, also mehr Zuschüsse vom Land erhalten, wo Einkaufszentren, Gewerbe- und Wohngebiete errichtet werden dürfen. Und: Durch den Landesentwicklungsplan „erfolgt außerdem eine Konzentration des Linien- und Pauschalreiseverkehrs auf den Verkehrsflughafen Berlin-Brandenburg International“, heißt es auf der Homepage des Infrastrukturministeriums.

Die Konsequenzen des OVG-Urteils waren auch am Tag danach nicht absehbar. Das werde geprüft, sagte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD). Aber er kündigte umgehend an, dass an der Regierungspolitik nach dem Grundsatz „Stärken stärken“ festgehalten wird. Für den von seinem Vorgänger Matthias Platzeck (SPD) in Angriff genommenen Umbau Brandenburgs, mit dem das Land in seinen Strukturen auf knappere Kassen und weniger Einwohner vorbereitet werden sollte, galt bislang der 2007 novellierte Landesentwicklungsplan als ein Fundament. Brandenburgs damalige SPD/CDU-Regierungskoalition hatte die zentralen Orte gestrafft, um das Gießkannen-Prinzip der Ära des früheren Ministerpräsidenten Manfred Stolpe (SPD) zu beenden. Im Landesentwicklungsplan, der nun Makulatur ist, sind neben den vier großen Städten Potsdam, Frankfurt/Oder und Cottbus fünfzig Mittelzentren festgelegt. Die Ebene der Grundzentren, rund einhundert kleine Ackerbürgerstädte und größere Gemeinden, fiel weg. Brandenburg ist das einzige Bundesland, das darauf verzichtet. Für die Verlierer-Gemeinden hatte das die Folge, dass sie weniger Zuschüsse erhalten. Diese Reform war schon damals umstritten. Der Städte- und Gemeindebund lief Sturm dagegen und fordert jetzt prompt einen Neuanfang. Eine offene Frage ist, ob Kommunen nachträglich entschädigt werden, die in den letzten Jahren weniger Geld bekamen.

Das Oberverwaltungsgericht hat die Entscheidung mit einem Formfehler im Gesetzgebungsverfahren – den fehlenden Verweis auf eine Rechtsgrundlage – begründet. Selbst wenn das so ist, gilt eine Kettenreaktion nicht mehr als ausgeschlossen. Und die politische Debatte geht ohnehin neu los. „Es ist die Chance für einen neuen Start“, sagte FDP-Fraktionschef Andreas Büttner. „Es ist eindeutig, dass das damals festgelegte Netz zentraler Orte zu weitmaschig ist.“ Für die ländlichen Regionen sei es ein „Landesabwicklungsplan“ gewesen. So weit ging CDU-Landeschef Michael Schierack zwar nicht, aber auch er forderte als Konsequenz aus dem Urteil Nachbesserungen für die ländlichen Regionen.

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