zum Hauptinhalt

Brandenburg: Hier holpert’s noch

Katherina Reiche und der Ärger mit den Radwegen

Stand:

Berlin - Der schärfste Kritiker der Bundes-Radverkehrsbeauftragten sitzt wohl zu Hause am Küchentisch in Luckenwalde. Denn der Mann von Katherina Reiche, der CDU-Politiker Sven Petke, fährt ambitioniert Rennrad und kennt deshalb die heimischen Radwege recht gut. Seit einem knappen Jahr ist die CDU-Politikerin Staatssekretärin des Bundesverkehrsministeriums und in dieser Funktion Fahrradbeauftragte. Am Freitag stellte sie die Radpolitik ihres Hauses vor, 90 Millionen hat sie für Radwege. Das ist in einem Ministerium, das für viele Milliarden jedes Jahr Autobahnen baut, ziemlich wenig Geld.

Reiche weiß das und gibt sich dennoch optimistisch. Dass die Bretter ziemlich dick sind, die in dem seit fünf Jahren CSU-geführten Ministerium gebohrt werden müssen, zeigen schon die Fahrradständer vor dem Ministerium: Die wenigen Radständer sind so dicht an der Hauswand aufgestellt, dass das zweite Rad nur mit Gewürge angeschlossen werden kann. Jeder Praktikant beim Fahrradverband ADFC hätte es besser gemacht.

Vor Jahren hatte die CDU-Abgeordnete Reiche auf Facebook über den Radweg an der B246 bei Beelitz gelästert. Ihr Mann war dort mal fast vom Rennrad gefallen, weil Wurzeln den Belag zerstört hatten. Nun ist ihr Ministerium für die Finanzierung dieser Wege zuständig, hat aber gar keinen Einfluss auf die Qualität. Die Kommunen müssen sich am Regelwerk orientieren, verbindlich sei dies aber nicht. An der B246 wurde der Radweg nun vorbildlich saniert, mit sogenannter Wurzelschutzfolie, die künftige Aufbrüche verhindern soll. Der Radweg an der B246 zeigt aber darüber hinaus, dass das Radnetz in Brandenburg keines ist. An der Kreisgrenze zu Teltow-Fläming endet die auf Potsdamer Seite perfekt ausgebaute Trasse seit Jahren an einem Erdwall.

Dafür bekommt Deutschland im kommenden Jahr einen neuen Radfernweg. Der „Radweg Deutsche Einheit“ soll nicht nur Berlin mit Bonn verbinden, sondern auch „Radeln, Elektromobilität und digitale Infrastruktur“, wie Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) gerade zum Tag der Deutschen Einheit verkündet hat. Knapp fünf Millionen Euro soll der Weg kosten und überwiegend auf bestehenden Fernradwegen verlaufen. Brandenburg ist mittlerweile für Fahrradurlauber eines der beliebtesten Bundesländer. Mehrere Fernrouten haben in der ADFC-Klassifizierung vier Sterne erhalten, allerdings liegt keiner oben an der Fünf-Sterne-Spitze. Dafür gibt es Spitzenradwege, von denen niemand weiß. Wie der von Paulinenaue bis kurz vor Neuruppin, entstanden vor zwei Jahren auf einem alten Bahndamm. Auf der offiziellen Internetseite www.radeln-in-brandenburg.de fährt dort noch die Eisenbahn – die wurde 1970 stillgelegt. Von einem kreuzungsfreien, 100 Kilometer langen Radschnellweg, wie er gerade an der Ruhr geplant wird, ist die Region Berlin-Brandenburg noch weit entfernt. Jörn Hasselmann

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })