Von Alexander Fröhlich: Hinweis auf Stasi-Tätigkeit bei drei Richtern
Justizminister Schöneburg lehnt CDU-Forderung nach Stasi-Check in der Justiz ab
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Potsdam - Nach Stasi-Enthüllungen bei Brandenburgs Polizei ist nun auch die Justiz stärker betroffen als bislang bekannt. Unter den 82 Justizbediensteten, bei denen es Hinweise auf eine frühere Stasi-Tatigkeit gibt, sind auch drei Richter. Das bestätigte am gestrigen Dienstag ein Sprecher des Justizministeriums den PNN. Dort werden nun die Personalakten der drei Richter geprüft. Auskünfte von Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) dazu werden am Donnerstag vor dem Justizausschuss des Landtags erwartet.
Die Chefin der CDU-Landtagsfraktion, Saskia Ludwig, forderte von der rot-roten Landesregierung dennoch eine erneute Überprüfung in „sensiblen Bereichen“ des Landesdienstes, neben der Polizei auch die Justiz. SPD-Innenminister Dietmar Woidke hatte nach neuen Stasi-Skandalen jüngst verfügt, dass Führungskräfte der Landespolizei erneut auf ihre Kontakte zur Stasi hin überprüft werden. Justizminister Schöneburg lehnte diese Vorgehen in der Justiz ab. Es gebe keine neuen Erkenntnisse. Das Ministerium habe seit Jahren davon gewusst. Nach einer aufwändigen Einzelfallprüfung seien alle Fälle als Grenzfälle eingestuft worden. 20 Jahre nach der Wende gebe es keinen Grund, die Entscheidungen der Stasi-Untersuchungskommission in Zweifel zu ziehen. Die meisten betroffenen Justiz-Bediensteten mit Stasi-Vergangenheit seien im nachgeordneten Dienst tätig.
Grünen-Fraktionschef Axel Vogel mahnte die CDU zur Zurückhaltung, das Thema sei in der Enquetekommission zur DDR-Aufarbeitung besser aufgehoben. Die CDU sei in der dieser Frage als für das Justizministerium zuständige Regierungspartei ein Jahrzehnt lang untätig geblieben. CDU-Fraktionsvize Dieter Dombrowski räumte er ein, dass die CDU damals mehr zur Aufklärung hätte beitragen können. „Asche auf unser Haupt“. Seine Partei regierte das Land von 1999 bis 2009 nicht alleine, sondern gemeinsam mit der SPD.
Ins Rollen kam die neue Debatte um Stasi-Altlasten durch eine Anfrage der CDU-Landtagsfraktion. Bekannt ist daher, dass bei 82 Bediensteten der brandenburgischen Justiz Hinweise auf eine frühere hauptamtliche oder inoffizielle Tätigkeit für das DDR-Ministerium für Staatssicherheit (MfS) vorliegen. An Brandenburgs Gerichten sind demnach 54 frühere Stasi-Mitarbeiter tätig, in den Staatsanwaltschaften sind es 11 und an sonstigen Einrichtungen wie den Haftanstalten, dem Ministerium und der Richterakademie in Wustrau 17.
Grundsätzlich sind bis zum Jahr 2007 alle Richter und Staatsanwälte auf eine Stasi-Mitarbeit überprüft worden, die zur Wende über 18 Jahre alt waren entweder in einem aufwändigen Verfahren Anfang der 1990er Jahre durch Wahlausschüsse oder durch eine Regel-Abfrage bei der Stasi-Unterlagenbehörde.
InBrandenburg wurden 129 Richter (42 Prozent) und 112 Staatsanwälte (55 Prozent), die bis zur Wende im Dienst der DDR-Justiz standen, weiterbeschäftigt. Diese Quoten liegen weit höher als in anderen Ost-Bundesländern. So wurden bei den Richtern im Ost-Durchschnitt 38 Prozent übernommen, in Berlin waren es nur elf Prozent. Bei den Staatsanwälten liegt der Schnitt bei 32 Prozent, in Berlin bei nur vier Prozent.
Laut dem vom damaligen Justizminister Hans-Joachim Bräutigam (parteilos) 1992 vorgelegten Abschlussbericht, der den PNN vorliegt, war die „nicht offizielle, über die normale Dienstpflicht hinausgehende Zusammenarbeit“ mit der Stasi ein Ausschlussgrund. Eine solche sei von den Bewerbern „durchweg im Fragebogen verschwiegen und mit großer Hartnäckigkeit geleugnet“ worden – bis ihnen eindeutige Nachweise vorgelegt wurden. Bei Richtern und Staatsanwälten aus dem früheren Bezirk Cottbus war dieser Nachweis wegen in der Wendezeit vernichteter Stasi-Akten besonders schwierig. „Rund ein Siebentel der Bewerber waren Inoffizielle Mitarbeiter“, IM, der Staatssicherheit, heißt es in dem Regierungsbericht von 1992. Fast alle hätten ihre Bewerbung zurückgenommen, nachdem ihnen die Tätigkeit nachgewiesen werden konnte. Auch „politisch-ideologische Hartliner“ sind auf „kollegialen Druck“ hin ausgeschieden. Zudem werteten die Kommissionen damals auch Urteile aus. Ausschlussgründe waren ebenso Posten in Leitungsgremien der SED von der Kreisleitung aufwärts, Tätigkeiten im politischen Strafrecht und über das Pflichtmaß hinausgehende Bekenntnisse zum DDR-Regime.
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