zum Hauptinhalt

Brandenburg: Hohes Sterberisiko bei Herzinfarkt in Brandenburg

Die Deutsche Herzstiftung beklagt die Unterversorgung der Patienten und weniger effektives Notarztsystem

Stand:

Potsdam - In Brandenburg ist das Risiko, an einem Herzinfarkt zu sterben oder überhaupt eine Herzkrankheit zu erleiden, im bundesweiten Ländervergleich besonders hoch. Das geht aus dem neuen Herzbericht für das Jahr 2010 der Deutschen Herzstiftung hervor, der am gestrigen Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Während im deutschlandweiten Durchschnitt pro 100 000 Einwohner 68 Menschen an einem Herzinfarkt sterben, sind es in Brandenburg 101. Nur in Sachsen-Anhalt ist die Sterblichkeitsrat mit 111 Toten nach einem Herzinfarkt höher. Am geringsten ist die Gefahr in Hamburg (53), Berlin (56) sowie Schleswig-Holstein und Hessen (je 57).

Das liege nicht daran, dass in der Großstadt die Infrastruktur grundsätzlich besser sei als auf dem Land, sagt Eckart Fleck von der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie. Auch in Flächenstaaten gebe es ausreichende Angebote. Allerdings fehlten in Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Thüringen noch Herznotfallambulanzen, die über alle modernen Geräte verfügen, sagte Thomas Meinertz von der Deutschen Herzstiftung. Manchmal verhindere die Konkurrenz zwischen Krankenhäusern oder ein weniger effektives Notarztsystem die optimale Behandlun. Mögliche weitere Faktoren seien Lebensweise und Arbeitslosigkeit sowie das mangelnde Wissen über Herzkrankheiten. Allerdings gleiche sich die Versorgungssituation in den neuen Bundesländern dem Niveau in den alten Ländern immer mehr an, sagte Georg Ertl, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie.

Michael Oeff, Chef des Telemedizinzentrums Brandenburg, das Herzpatienten betreut, und Vorstandsmitglied der Brandenburgischen Arbeitsgemeinschaft Kardiologie, sagte, die hohe Sterblichkeitsrate liege nicht an den langen Fahrwegen, sondern an den falschen Entscheidungen auch der Notärzte. „Die Sterblichkeit ist höher, wenn nicht sofort die richtige Entscheidung getroffen und richtig behandelt wird“, sagte Oeff. Das ergebe sich aus den Zahlen des 2005 gestarteten Herzinfarktregisters für Brandenburg. „Die Patienten müssen sofort in eine Klinik mit Herzkathederversorgung gefahren werden“, sagte Oeff. „Hier bedarf es mehr Aufklärung auch für die Notärzte.“

Eine Sprecherin des brandenburgischen Gesundheitsministeriums sagte, das Land habe seit 1990 viel in die gesundheitliche Versorgung investiert. „Wir hatten 1991 nur einen einzigen Herzkathetermessplatz im ganzen Land. Heute gibt es gut verteilt in allen Regionen 26 solcher hochmoderner Geräte.“ Die Gerätedichte liege über dem Bundesdurchschnitt. Ein Gerät koste etwa 1,5 Millionen Euro. „Brandenburg war das einzige Bundesland ohne Herzzentrum. Inzwischen stehen in der Region Berlin-Brandenburg vier Herzzentren für die Versorgung zur Verfügung“, sagte die Sprecherin. Es gebe gesetzlich festgelegte Hilfsfristen, neue Rettungswachen, zusätzliche Rettunsgfahrzeuge und überdies vier Rettungshubschrauberstandorte, ein fünfter werde derzeit in der Uckermark vorbereitet. Zudem fordere Brandenburg sei Langem eine bundesweite Regelung, wonach Krankenkassen mehr für die Prävention tun müssen.

Die hohe Sterbe- rate nach Herzinfarkten hat offenbar auch mit der Mentalität der Brandenburger zu tun. Rauchen, Alkoholkonsum, fettes Essen und wenig Bewegung erhöhen zum einen das Risiko. Zum anderen sagt der Kardiologe Oeff: „Die Patienten müssen schneller reagieren, manche warten stundenlang, bis sie Hilfe holen.“ Die Sprecherin des Gesundheitsministeriums erklärte: „Hier gibt es Mentalitätsunterschiede von Metropolenbevölkerung und Bevölkerung im ländlichen Raum, die nicht unterschätzt werden dürfen.“ Sie rät, bei unklaren Symptomen im Brustkorb lieber einmal zu viel den Arzt aufzusuchen.

Beim Anteil der an einem Herzinfarkt verstorbenen Menschen an der Gesamtzahl der Verstorben liegt Brandenburg auch im Regionenvergleich hinten. Durchschnittlich sind es in Deutschland 6,5 Prozent, die Werte in allen 412 kreisfreien und Städte und Landkreise gehen weit auseinander. Am höchsten ist der Anteil der Herzinfarkttoten in der Uckermark (12,6) Prozent), gefolgt vom Landkreis Jerichower Land (11,5) in Sachsen-Anhalt und Spree-Neiße (11,1). Auch bei anderen Herzkrankheiten schneidet Brandenburg schlecht ab – sowohl bei der Sterblichkeitsrate, als auch bei der Zahl der stationär behandelten Fälle je 100 000 Einwohner.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })