
© dpa
Von Thorsten Metzner: „Ich habe gelernt“
Jörg Schönbohm, Brandenburgs CDU-Innenminister, verabschiedet sich mit einer Erfolgsbilanz – und nachdenklichen Tönen
Stand:
Potsdam - Was für ein Wort aus seinem Munde! Brandenburg zeige bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus heute „bundesweit, wie weit wir auf diesem Gebiet vorangekommen sind, indem wir gemeinsam zivilgesellschaftliches Engagement in Gang gesetzt haben". So sagt es nicht Wolfgang Thierse, nicht Bischof Wolfgang Huber oder Matthias Platzeck: So sagt es Jörg Schönbohm, der im Herbst scheidende CDU-Innenminister auf seiner Bilanzpressekonferenz. Der gleiche Mann, der am Anfang seiner Amtszeit noch gegen den „Aufstand der Anständigen“, gegen Lichterketten polemisierte? Ach was, der 71-jährige Konservative, einer mit Stimme bundesweit und der wohl vorerst letzte Brandenburger Christdemokrat, der mit SPD-Regierungschef Matthias Platzeck auf Augenhöhe war, ist nach zehn Jahren Brandenburg eben doch ein anderer geworden. Nach seinem Selbstverständnis wäre es schlimm, wenn es anders wäre. Wer ein Amt ernst nehme, wer offen und lernfähig sei, verändere sich, formuliert er selbst. „Ich habe gelernt zuzuhören, selbst bei Dingen, wo ich geglaubt hatte, begriffen zu haben.“ Das schloss bekanntlich dramatische Irrtümer, wie seine Proletarisierungs-These nach dem Babymord von Frankfurt (Oder) ein.
Aber Schönbohm, dieser erstaunlich jung gebliebene, wache, gerade Typ, wäre nicht Schönbohm, wenn er sich nicht trotzdem treu bliebe. Dass sein brandenburgisches Lebenswerk etwa ab Herbst einer rot-roten Regierung überlassen werden könnte, das ist ein Horror für ihn. „Das ist keine beliebige Frage. Das ist eine Grundsatzentscheidung für das Land.“ Und so glaubt und hofft er wohl wirklich, dass das von den Sozialdemokraten unter Matthias Platzeck offen gehaltene Szenario nur Taktik ist. „Man will die CDU weich kochen.“ Einen früheren Stasi-Spitzel als Innenminister, zuständig für den Verfassungsschutz, unvorstellbar für Schönbohm. Dies wäre, so sagt er, ein Weg zur „Selbstisolation Brandenburgs“ in der Innenministerkonferenz. Trotzdem ist es für Schönbohm kein Widerspruch, dass er sich im gleichen Atemzug „glasklar“ vor frühere hauptamtliche Stasi-Mitarbeiter in der Polizei stellt, die sich damals offenbart hatten und vom Land Brandenburg eingestellt wurden. „Diesen Mitarbeitern kann man keinen Vorwurf machen. Das wäre unredlich. Sie haben nach 20 Jahren das volle Vertrauen.“ Allerdings, wer über seine Verstrickungen arglistig getäuscht habe, der müsse entlassen werden, „sofort.“ Es ist immer, da schließt sich der Kreis, die Politik, die entscheidet – und die zu ihren Entscheidungen zu stehen habe. Basta.
Fachlich, als Innenminister kann Schönbohm, dessen Nachfolger es nicht leicht haben wird, ohnehin kaum jemand etwas vormachen. Die nackten Fakten sprechen für ihn. Mit persönlicher Genugtuung verweist er darauf, wie im Vergleich zu 1999 die Kriminalität gesenkt, Polizei- und Gemeindestrukturen gestrafft, die Polizei besser ausgerüstet wurde, die Zahl der auf märkischen Straßen Getöteten oder Verletzten zurückging. Dass just zum Tag seiner Bilanz der eigene CDU-Innenpolitiker Sven Petke der Polizei Abzocke vorwirft, die im Vergleich zu Sachsen oder Sachsen-Anhalt höheren Bußgeldeinnahmen vorrechnet, prallt an Schönbohm ab: „Ich stehe dazu. Ich bin dafür verantwortlich“, sagt er. Nur so sei es gelungen, die Zahl der Verkehrsunfälle mit Personenschäden von damals rund 18 000 auf 8700 zu senken: „Das Konzept wirkt.“ Und jeder Unfall, jeder Tote und Verletzte weniger, sei ein Fall „von weniger Leid, von mehr Glück“.
- Alexander Dobrindt
- Brandenburg
- CDU
- Extremismus in Brandenburg
- Polizei in Potsdam
- Rechtsextremismus
- SPD
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: