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Brandenburg: „Ich sehe noch Chancen für Rot-Rot“

PDS-Chef Ralf Christoffers über Platzeck, Eierwürfe und die Aussichten seiner Partei bei der Landtagswahl

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PDS-Chef Ralf Christoffers über Platzeck, Eierwürfe und die Aussichten seiner Partei bei der Landtagswahl Gibt es in Brandenburg bald wieder „Apfelsinen statt Orangen“, wie es auf einem PDS-Wahlplakat in Anlehnung an den DDR-Sprachgebrauch heißt? Es war ein Versuch der Cottbuser PDS, Aufmerksamkeit zu bekommen. Für mich sind Apfelsinen und Orangen das gleiche. Aber in der DDR gab es fast nie Apfelsinen! Ja eben. Die SPD wirft der PDS vor, die Wahlkundgebungen von Matthias Platzeck zu stören. Warum verstoßen Sie gegen das Fairnessabkommen? Das tun wir nicht. Richtig ist, dass der Protest gegen Hartz IV eine Eigendynamik entwickelt. Hier artikuliert sich ein Gefühl der Zweitklassigkeit der Ostdeutschen. Dennoch rufen PDS-Politiker dazu auf, Platzeck-Kundgebungen zum Protest zu nutzen? Es steckt keine Strategie dahinter, es gibt auch keine Aufrufe von Parteigremien. Aber friedlicher Protest ist ein legitimes Recht, das auch PDS-Mitglieder in Anspruch nehmen. Es heißt, Sie hätten die Basis aufgefordert, sich zu mäßigen? Eine solche Aufforderung gibt es nicht. Aber wir haben deutlich gemacht, dass Eierwerfen nicht zur Streitkultur der PDS gehört. Ist es ein Widerspruch, wenn PDS-Minister und -Senatoren in Schwerin und Berlin Hartz IV vorbildlich umsetzen, aber die PDS hier den Protest anheizt? Das ist kein Widerspruch. Es besteht doch weit über die Grenzen der PDS Einigkeit, dass Hartz IV für den Osten nachgebessert werden muss. Wir lehnen den Paradigmenwechsel für den Osten und den Westen ab, weil er die Arbeitslosen trifft. Aber solange Hartz IV gilt, müssen unsere Minister und Senatoren geltendes Bundesrecht umsetzen. Für viele SPD-Politiker ist Rot-Rot inzwischen tot. Schadet sich die PDS mit ihrer Anti-Hartz Kampagne selbst? Es gibt einen Stimmungsumschwung in der SPD. Aber man darf Ursache und Wirkung nicht verwechseln. Wir haben Hartz IV nicht zu verantworten. Unsere Proteste haben mit dazu geführt, dass es inzwischen erste Nachbesserungen gibt. Sie haben sich damit abgefunden, dass es Rot-Rot nicht geben wird? Nein, ich sehe noch Chancen. Die PDS wird gestärkt aus der Wahl hervorgehen. Die SPD wird sich entscheiden müssen, ob sie trotz fehlender inhaltlicher Gemeinsamkeiten mit der CDU regieren will. Das würde sie weiter schwächen. Ich setze auf die politische Vernunft der SPD, nach strategischen Gesichtspunkten und nicht emotional zu entscheiden. Finden Sie es klug, dass sich Platzeck festgelegt hat, nicht Juniorpartner in einer PDS-geführten Regierung zu werden? Ich halte es für unnötig, zumal er damit das Wahlziel seiner eigenen Partei konterkariert, stärkste politische Kraft zu werden. Ich bin aber nicht für die Strategie der SPD verantwortlich. Könnte sich eine Konstellation ergeben, in der Rot-Rot die einzige Möglichkeit ist, um Unregierbarkeit zu vermeiden? Ja, dann nämlich, wenn die PDS stärkste Partei wird, SPD und CDU aber keine Mehrheit haben. Ist Rot-Rot überhaupt noch das wichtigste Ziel oder geht es Ihnen vor allem um die beste Ausgangsposition für die Bundestagswahl 2006? Allen Parteien geht es auch um 2006. Für die Brandenburger PDS hat der Politikwechsel im Land Vorrang. Ob eine Regierungsbeteiligung bei der Bundestagswahl nutzt oder schadet ist zweitrangig. Vor ein paar Monaten war die PDS noch drittstärkste Kraft im Land. Müssen Sie nicht fürchten, dass der Aufschwung der PDS nur von begrenzter Dauer sein wird? Das muss man sehen. Sicher profitieren wir von Hartz IV, aber der Zulauf erklärt sich nicht nur daraus. Es zeigt sich, dass es im Osten keine feste Wählerbindung gibt. Andererseits hat die PDS hier inzwischen das Image einer sozialen Partei. Vielleicht zeigen die Wahlen in Brandenburg und Sachsen auch, dass sich die politischen Verhältnisse im Osten grundlegend ändern. Trotzdem haben Sie nur die SPD, zu deren Schwächung sie derzeit beitragen, als potenziellen Koalitionspartner. Ich gehe davon aus, dass sich nach der Bundestagswahl 2006 das Verhältnis zwischen CDU und PDS entkrampfen wird. Demokratische Parteien müssen untereinander koalitionsfähig sein. Das spielt derzeit in Brandenburg aber keine Rolle. Wie erklären Sie sich, dass die PDS zwar vorn liegt, sich aber nur jeder dritte Ihrer Wähler Dagmar Enkelmann als Ministerpräsidentin vorstellen kann? Das hängt mit der großen Sympathie zusammen, die Matthias Platzeck genießt. Sein Problem ist, dass er diese nicht auf seine Partei übertragen kann. Bei Dagmar Enkelmann ist es umgekehrt. Was halten Sie von den Bestrebungen für eine neue Linkspartei in Deutschland, mit denen auch Gregor Gysi geliebäugelt hatte? Nichts. Die Linkspartei neben der SPD ist die PDS. Das Gespräch führten Michael Mara und Thorsten Metzner.

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