Brandenburg: Im Vakuum
Berlin wollte bis Frühjahr einen Investor fürs ICC finden. Doch: Eine neue Ausschreibung muss her
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Berlin - Und wieder gibt es Verzögerungen: Das Schicksal des Internationalen Congress Centrums (ICC) entscheidet sich, das ist der neueste Stand, wohl erst im Jahr 2015. Eigentlich wollte der Berliner Senat im Frühjahr 2014 beschließen, ob und wie das asbestbelastete und marode Haus am Messedamm mithilfe eines privaten Investors saniert werden kann. Doch jetzt schiebt die Wirtschaftsverwaltung den Termin noch ein Stück weiter nach hinten: Die Suche nach einem finanzstarken Unternehmer, der das Kongressgebäude gemeinsam mit der öffentlichen Hand sanieren und betreiben soll, werde „voraussichtlich Ende März 2014“ abgeschlossen, teilte Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer dem Abgeordnetenhaus in einem internen Papier mit. Und dann: „Eine Vertiefung und Konkretisierung der Konzepte soll bis zur Sommerpause erfolgen.“ Von dieser neuen Frist war bisher nicht die Rede. Und wer den Berliner Senat kennt, der weiß, dass frühestens im Herbst mit einem solchen Konzept zu rechnen ist. Wenn sich denn überhaupt ein Geldgeber findet.
Ganz nebenbei kündigt die Wirtschaftsverwaltung eine weitere Verzögerung an. „Zur Umsetzung eines schlüssigen wirtschaftlichen Nutzungskonzepts unter Einbeziehung privater Investoren wird aus rechtlichen Gründen voraussichtlich ein europaweites Ausschreibungsverfahren erforderlich werden.“ Ergänzend zur bisherigen Planung ist also plötzlich ein weiterer Verfahrensschritt nötig – und das wird dem Parlament erst jetzt mitgeteilt. Eigentlich kommen EU-Ausschreibungen nicht aus heiterem Himmel, sondern folgen strengen Regeln, die den öffentlichen Behörden zwischen Lissabon und Helsinki ausreichend bekannt sind.
Rechnet man die verbindlichen Angebots- und Auswertungsfristen ein, ist frühestens Anfang 2015 mit einem Zuschlag für eine private Sanierung zu rechnen – wenn es überhaupt dazu kommt. Wie berichtet wird das ICC nach der Eröffnung der Reisemesse ITB am 6. März 2014 geschlossen. Diese Galgenfrist hat die landeseigene Messe GmbH dem Tüv Rheinland abgehandelt, der das mehrfach preisgekrönte, aber technisch verschlissene Gebäude eigentlich schon Ende dieses Jahres dichtmachen wollte. Wenn sich entgegen aller Erwartung ein Investor mit einem schlüssigen Nutzungskonzept finden sollte, das der Senat akzeptiert, will das Land bis zu 200 Millionen Euro für eine grundlegende Sanierung zuschießen. Die Gesamtkosten werden inzwischen auf 400 Millionen Euro geschätzt.
Dass der Senat noch keine Ahnung hat, was auf Berlin zu welchem Zeitpunkt finanziell zukommen könnte, dokumentierte Wirtschaftssenatorin Yzer kürzlich im Wirtschaftsausschuss des Parlaments mit folgendem Satz: „Es wird mit bestimmten Tranchen agiert werden müssen.“ Die Frage von Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop, ob erst 2016 mit Baumaßnahmen zu rechnen sei, blieb unbeantwortet.
Die von einzelnen Politikern der CDU favorisierte Variante, die Landes- und Zentralbibliothek nicht neu zu bauen, sondern im ICC unterzubringen, ist nach Informationen dieser Zeitung auch bei den Christdemokraten nicht mehrheitsfähig. Die SPD hat dies von vornherein abgelehnt. Zwar versichert Senatorin Yzer in ihrem Papier: „Es ist nicht beabsichtigt, das ICC dauerhaft stillzulegen.“ Doch wer weiß, ob es dabei bleibt – und selbst wenn sich ein privater Retter melden sollte, wird die Sanierung wohl nicht vor 2025 beendet sein. So oder so: Das ICC bleibt auf lange Sicht eine Bauruine.
Ulrich Zawatka-Gerlach
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