Einstige Stasi-Mitarbeiter beim Staatsschutz: Immer auf der sicheren Seite gewesen
"Klartext" hat die Stasi-Karrieren brandenburgischer Staatsschützer nachgezeichnet. Die Berliner Kollegen finden gar nicht schön, was sie aus Brandenburg hören.
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Potsdam – Sie waren von ihrer Sache überzeugt – damals vor mehr als 21 Jahren als Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS). Heute haben sie hohe Positionen beim brandenburgischen Landeskriminalamt (LKA) inne, und zwar ausgerechnet beim Staatsschutz, also jene Abteilung, die die demokratische und rechtstaatliche Grundordnung wortwörtlich schützen soll. Maik W. und Ulf L. gehören zu jenen 17 von insgesamt 56 Beamten beim Staatsschutz, die in der DDR offizielle und inoffizielle Mitarbeiter der Staatssicherheit waren. Jetzt hat das RBB-Politmagazin Klartext die Stasi-Akten dieser beiden Beamten gesichtet und über ihre Karriere bei der Staatssicherheit berichtet.
W. hat sich demnach schon im Alter von 19 Jahren auf der Offiziersschule zur Mitarbeit beim DDR-Geheimdienst verpflichtet und kam zur Spionageabwehr, die für die Überwachung westlicher Journalisten und von Botschaftspersonal zuständig war. Dort begann Klartext zufolge seine Karriere in einer militärischen Sicherheitseinheit, die die sowjetische Botschaft in Berlin und andere Einrichtungen des großen Bruderstaates bewachte. Und deren Mitarbeiter kontrollierten, wie sich DDR-Bürger vor der Botschaft benahmen. Wer damals zu deutlich seine Begeisterung für den sowjetischen Staatschef und Reformer Michael Gorbatschow zeigte, wurde registriert und musste mit Stasi-Besuch rechnen. In dieser Abteilung konnte sich W. für höhere Aufgaben bewähren. Seine Vorgesetzten lobten W. für den hohen persönlichen Einsatz und schickten ihn zum Kriminalistik-Studium. Heute leitet W. beim LKA eine Ermittlungskommission und verdient laut Klartext-Bericht etwa 3300 Euro monatlich. Er gehört zu jenen stasibelasteten Beamten, die nach der Wende ihre Tätigkeit für das MfS eingeräumt haben und in den Dienst der brandenburgischen Polizei übernommen wurden.
Genau wie Ulf L., er verdient heute als Beamter im höheren Dienst rund 4000 Euro und ist beim Staatsschutz für Sonderaufgaben zuständig. Er ging 1984 zur Staatssicherheit und absolvierte dort seine Grundausbildung in der Abteilung 26. Nach eineinhalb Jahren wurde auch der laut Aktenlage als sehr lernwillig beurteilte L. zum Studium geschickt. Im August 1989, als der Zusammenbruch des SED-Regimes bereits dämmerte, kehrte er zurück und reihte sich wieder ein in seine Abteilung. Dort konnte er einiges lernen: wie man Telefone überwacht und Gespräche abhört oder konspirativ in Wohnungen eindringt. Die friedliche Revolution beendete die Karriere von L. bei der Staatssicherheit, doch beim Staatsschutz ist L. befasst mit verdeckten Operationen und Telefonüberwachungen.
Brandenburgs Innenministerium lehnt eine Versetzung der früheren Stasi-Mitarbeiter ab, ebenso personalrechtliche Konsequenzen, weil sie bei der Übernahme in den Polizeidienst die Stasi-Tätigkeit eingeräumt hatten. Damals beteiligt an der im Vergleich zu anderen neuen Bundesländern laxen Stasi-Überprüfung war Andreas Schuster, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Doch der steht selbst unter Stasi-Verdacht, das Innenministerium prüft derzeit neu aufgetauchte Akten. Das Politmagazin Klartext bat daher den Berliner GdP-Chef Bodo Pfalzgraf um Stellungnahme: „Das wäre dann genauso, als würden man Mitarbeiter der Mafia anschließend für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität einsetzen.“ Alexander Fröhlich
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