Brandenburg: In 80 Tagen um Berlin
Fast drei Monate rollen keine ICE- und Regionalzüge auf der Ost-West-Trasse. Der Grund: Baupfusch
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Berlin - In 80 Tagen konnte einst Jules Verne seinen Romanhelden Phileas Fogg um die Welt reisen lassen. 80 Tage lang müssen es auch Bahnfahrgäste in Berlin schaffen, an der Stadtbahn und der Verbindung nach Spandau vorbeizukommen. Dort werden die Gleise für den Fern- und Regionalverkehr – zum Ende der Sommerferien – vom 28. August bis 23. November zwischen Alexanderplatz und Spandau gesperrt. Die Bauarbeiten werden auf mehrere Abschnitte verteilt.
Fernzüge werden umgeleitet und steuern das Tiefgeschoss im Hauptbahnhof an. Einige fahren auch von Spandau kommend über Jungfernheide nach Gesundbrunnen. So fahren auch die Odeg-Züge der Regionalbahn-Linie 2 (Wismar-Cottbus). Die Deutsche Bahn lässt die von ihr betriebenen Regionalzüge dagegen jeweils vor dem Baustellenbereich enden, um Fahrgäste möglichst nah ans Zentrum zu bringen, wie der für den Fahrplan zuständige Arvid Kämmerer sagte. Fahrgäste müssen dann auf die parallel weiter fahrende S-Bahn oder auf Busse und Bahnen der BVG ausweichen.
Vor allem in den S-Bahnen kann es dann sehr voll werden. Zusätzlich werden sich nach Angaben der Bahn bis zu 35 000 Umsteiger aus dem Regionalverkehr in die S-Bahnen quetschen müssen, was selbst Kämmerers Kollege Helge Schreinert als „grenzwertig“ bezeichnet.
In der Hauptverkehrszeit soll die S-Bahn stündlich zwei weitere Züge zwischen Charlottenburg und Ostbahnhof einsetzen. Weil die S-Bahn wieder, wie berichtet, zu wenig einsatzfähige Wagen hat, muss woanders der Betrieb eingeschränkt werden. Wegfallen werden Verstärkungsfahrten auf der S5.
Hauptgrund für die Sperrung sind marode Brückenübergänge am Hauptbahnhof, bei deren Einbau, wie berichtet, geschlampt worden war. Dies könne auch auf den damaligen Zeitdruck zurückzuführen sein, sagte Schreinert. Der damalige Bahnchef Hartmut Mehdorn wollte unbedingt, dass der Hauptbahnhof vor der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 mit dem Endspiel in Berlin in Betrieb geht. Deshalb erhielt der Bau auch sein verkürztes Dach.
Insgesamt gibt es 38 dieser „Fahrbahnübergangskonstruktionen (FÜK)“ an den 37 Einzelbrücken am Hauptbahnhof. Zwölf werden jetzt erneuert; zwölf weitere an den Fernbahngleisen folgen 2017. Dazu müsse dann aber nicht mehr so umfangreich gesperrt werden, kündigte Schreinert an. Nochmals mehrere Wochen unterbrochen werden muss aber 2016 der Verkehr der S-Bahn zwischen Friedrichstraße und Zoo. Auch an ihren Gleisen müssen 14 Übergangskonstruktionen ausgewechselt werden.
Die Bahn nutzt die Sperrung und tauscht zudem Weichen und Schienen aus, was zunächst noch nicht vorgesehen war. Deshalb erweitert sich der Sperrbereich vorübergehend bis Spandau. Im Bahnhof Friedrichstraße erneuert sie zudem 125 bei der Sanierung in den 1990er-Jahren falsch eingebaute Brückenlager. Im Dezember 2013 war deshalb ein Betonbrocken in die Haupthalle gestürzt.
Insgesamt werden die Arbeiten nach Schreinerts Angaben rund 20 Millionen Euro kosten. Von der Baufirma ist nichts mehr zu holen. Klaus Kurpjuweit
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