
© Soeren Stache
Brandenburg: In Brandenburg bricht Reformeifer aus
Die Polizei machte den Anfang: Nun sollen auch die Kommunal- und Hochschulstrukturen im Land umgekrempelt werden
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Potsdam - Es geht plötzlich Schlag auf Schlag: Nach der Polizeireform wird in Brandenburg jetzt eine Reform der Kommunal- und eine der Hochschulstrukturen vorbereitet, was auf eine neue Kreisgebietsreform und Fusionen von Hochschulen hinausläuft. Im Landtag nahm am Freitag die Enquete-Kommission „Brandenburg 2020“ für einen Umbau der Staats- und Kommunalstrukturen offiziell die Arbeit auf.
Sie soll bis Mitte 2013 ein neues „Brandenburg-Modell“ entwickeln, das auf die sinkende Bevölkerung und geringere Finanzeinnahmen reagiert. Fast zeitgleich verkündete Wissenschaftsministerin Sabine Kunst (parteilos) den Fahrplan und erste Ansätze für die Modernisierung der Hochschulstruktur. „Es gibt keine Tabus, keine Denkverbote“, sagte Kunst.
Konkret soll eine externe Expertenkommission unter Vorsitz von Ex-Staatssekretär Friedrich Buttler bis 2012 Empfehlungen vorlegen, wie die in den 90er Jahren in Brandenburg quasi auf die grüne Wiese gestampfte Hochschullandschaft – es gibt drei Universitäten, fünf Fachhochschulen und die Filmhochschule in Potsdam – „zukunftsfest“ gemacht werden kann. Kunst erwartet ausdrücklich auch „Vorschläge zur infrastrukturellen Entwicklung, zu möglichen Fusionen, zu Änderungen von Hochschulstandorten“.
Zwar habe Brandenburg im Deutschland-Vergleich eine in Arbeitsteilung mit Berlin entwickelte „hervorragende, kleine, feine Hochschullandschaft“, sagte Kunst. „Keiner kann mit weniger mehr“. Trotzdem gebe es nach zwei Jahrzehnten Schwächen und „Redundanzen“, über die man angesichts schwierigerer finanzieller Rahmenbedingungen nachdenken müsse. Gemeint sind eingeschliffene Profile der Universitäten und Fachhochschulen Brandenburgs, die teils besser aufeinander abgestimmt, teils zeitgemäßer werden sollen. Es gehe, sagte Kunst, etwa um „ökologische Nischen“, um neue Studiengänge zur Energiewende, mit denen man wettbewerbsfähiger werden könne. Bisher werde im Land „sehr viel Betriebswirtschaftslehre, fast an jeder Hochschule“ angeboten, ebenso „Informatik an sieben von neun Einrichtungen.“
Ausdrücklich zu den „Redundanzen“ zählte Kunst dabei auch die zwei existierenden Jura-Fakultäten an den Universitäten Potsdam und Frankfurt (Oder). In der Vergangenheit hatte es schon einmal Bestrebungen gegeben, die Jura-Ausbildung in Frankfurt (Oder) zu konzentrieren, wovor die Politik aber zurückschreckte. Außerdem nannte Kunst auch die „technischen Disziplinen“, die in der derzeit angebotenen Form „nicht genügend modern sind, sodass die Bude voll wird“, fügte Kunst hinzu.
Bei den Kommunalstrukturen hatte es die letzte Kreisreform 1993, die letzte Gemeindereform 2003 gegeben. Auf der konstituierenden Sitzung der vom Linke-Abgeordneten Stefan Ludwig geleiteten Enquete-Kommission waren sich die sieben Abgeordneten und sieben Experten weitgehend über die Notwendigkeit von Veränderungen einig. Vorgesehen ist, auf Erfahrungen aus anderen Bundesländern, etwa Mecklenburg-Vorpommern, aber auch aus Schweden oder Dänemark zurückzugreifen. Da der Zeitplan eng ist, sagte Ludwig: „In diesem Jahr müssen wir den Analyseblock schaffen.“ Die Oppositionsfraktionen CDU, FDP und Grüne präsentierten einen Vorschlag zum weiteren Vorgehen, nämlich sieben Unterschungskomplexe von Kommunalfinanzen, Mitwirkungsmöglichkeiten der Bürger bis zu künftigen Strukturen, der bis zur nächsten Sitzung im Juni geprüft werden soll. Die Kommunal-Enquete geht personell einen Sonderweg, der Risiken birgt: Als externe Experten sitzen auf dem Ticket von Fraktionen die Betroffenen, nämlich drei Vertreter kommunaler Spitzenverbände, stimmberechtigt mit am Tisch. In Fraktionen gibt es durchaus einige, die darin einen „Geburtsfehler“ sehen – der ein tiefgreifendes Umkrempeln etwa von Gebietsstrukturen erschwert. Immerhin hatte Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) schon einmal den Verzicht auf Landkreise ins Spiel gebracht.
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