Brandenburg: In den Tiefen der Kabelschächte
Bauüberwacher von Flughafen-Architekt Gerkan sagte im BER-Ausschuss aus: Betreiber griffen nicht durch
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Berlin - Schönrednerei, frisierte Berichte und Baufirmen, die machen können, was sie wollen – nach einer Sitzung des BER-Untersuchungsausschusses des Berliner Abgeordnetenhauses sind Zweifel an der Bauüberwachung am künftigen Hauptstadtflughafen aufgekommen. Der Architekt Knut Nell verwies darauf, dass beispielsweise säumige Baufirmen zeitweise nicht viel zu befürchten hatten. „Die Flughafengesellschaft hat leider trotz aller Drohungen nie Konsequenzen gegenüber den betroffenen Firmen gezogen“, sagte Nell.
Bei seinen Aussagen bezog er sich auf die Jahre 2010 und 2011. So habe die Arbeitsgemeinschaft der Unternehmen Imtech und Caverion (Arge Imca) monatelang nicht die vereinbarte Zahl von Arbeitern auf die Baustelle gebracht, erklärte Nell, der von 2008 bis 2012 Mitarbeiter des Flughafen-Architekten Meinhard von Gerkan war.
Das Architektur-Büro wurde nach der geplatzten Eröffnung 2012 vom BER-Aufsichtsrat entlassen und auf 80 Millionen Euro Schadenersatz verklagt. Eine Gerichtsentscheidung steht noch aus. Allerdings revidierte der Flughafen diese Entscheidung einige Zeit später wieder und stellte gut 90 der 120 Bauüberwacher von Gerkan wieder ein, wie Nell sagte. „Wir können das als nachträgliche Bestätigung der Leistung unseres Bauüberwacher- Teams sehen.“ Sie hätten im Terminal zeitweise 50 Hauptauftragnehmer und 1500 Sub- und Nachunternehmer überwacht, mit 100 000 Ausführungsplänen und 20 000 Werk- und Montageplänen. Dabei hätten sie selbst allenfalls kleine Fehler gemacht.
Der Vorsitzende des BER-Untersuchungsausschusses, Martin Delius (Piraten), sieht das anders. „Herr Nell konnte dem Ausschuss nicht plausibel erläutern, wie genau die Abläufe der Bauüberwachung vonstatten gingen.“ So sei zum Beispiel nicht an ihn herangetragen worden, dass die Belegung der Kabelschächte fehlerhaft durchgeführt wurde, obwohl die Bauüberwachung direkt vor Ort eingebunden gewesen sei. Die bis heute falsche und überdimensionierte Belegung der Kabelschächte ist eines der großen Probleme der Baustelle. „Dass die zuständige Objektüberwachung nicht gemerkt haben will, dass die Schächte über lange Zeit falsch bestückt wurden, kann ich nicht nachvollziehen“, sagte Delius.
Verzögerungen brachten laut Nell auch Änderungswünsche der Betreiber, etwa ein Tausch der Terminal-Ebenen 2008 und der Wunsch nach doppelstöckigen Fluggastbrücken. Auch das Wetter brachte demnach Probleme: Beim Richtfest nach dem Winter 2009/2010 habe der Verzug bei zweieinhalb Monaten gelegen. „Beim Richtfest redete die Flughafengesellschaft die Lage schön“, kritisierte Nell.
Er bestätigte, dass mindestens in einem Fall im Controllingbericht der Geschäftsführung für den Aufsichtsrat vorige Terminwarnungen der Bauüberwacher abgeschwächt wurden. Nell wollte das nicht bewerten und schloss sich damit Täuschungsvorwürfen Gerkans und seines Kollegen Hans-Joachim Paap nicht an. Er sagte: „Man hätte vielleicht einfach mehr Tacheles in der Auswertung reden sollen.“Christian Tretbar
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