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Brandenburg: In Utah fiel Berlin zuerst

Berlins Leiche in Utahs Keller“ – so hat der US-Historiker und frühere Professor für Urbanistik im Southern California Institute of Architecture in seinen Buch „Dead Cities“ (2002) den winzigen Ort mitten in der Wüste, knapp 150 Kilometer südwestlich von Salt Lake City, genannt. An sich nur ein Komplex aus sechs Wand an Wand gebauten zweistöckigen Wohnhäusern, gemauert und mit Spitzdach, nicht auf den ersten Blick mit der Stadt an der Spree zu assoziieren.

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Berlins Leiche in Utahs Keller“ – so hat der US-Historiker und frühere Professor für Urbanistik im Southern California Institute of Architecture in seinen Buch „Dead Cities“ (2002) den winzigen Ort mitten in der Wüste, knapp 150 Kilometer südwestlich von Salt Lake City, genannt. An sich nur ein Komplex aus sechs Wand an Wand gebauten zweistöckigen Wohnhäusern, gemauert und mit Spitzdach, nicht auf den ersten Blick mit der Stadt an der Spree zu assoziieren. Für Davis aber, so formulierte er 1999 im „Spiegel“ zugespitzt, „Berlins entlegenster, unbekanntester Vorort“.

Der Ziegelbau befindet sich auf dem Testgelände „Dugway Proving Ground“, ist Rest einer 1943 dort errichteten Siedlung, die bei den Militärs nur kurz „German Village“ hieß: Dort übte die Air Force den Bombenkrieg gegen Hitler, erprobte die Waffenindustrie die Effektivität ihrer Produkte. Und so unscheinbar das German Village auch war, es hatte einen berühmten, mit Berlin eng verbundenen Architekten: Erich Mendelsohn, 1933 emigriert, seit 1941 in den USA.

In den Aufzeichnungen Mendelsohns finden sich keine Unterlagen über das Projekt, was angesichts der strikten Geheimhaltung nicht überrascht. Auch halten US-Wissenschaftler es für unwahrscheinlich, dass er oder der ebenfalls beteiligte Emigrant Konrad Wachsmann, Holzspezialist und Architekt des Einsteinhauses in Caputh, je auf dem Gelände waren. Aber die Arbeit daran ist verbürgt: „1943 berät Mendelsohn das amerikanische War Department, das den Luftkrieg gegen Deutschland vorbereitet“, heißt es beim „Erich Mendelsohn Archiv“, das die Kunstbibliothek der Staatlichen Museen zu Berlin und das Getty Research Institute in Los Angeles betreibt.

Das German Village wurde mit großer Kenntnis deutscher Mietskasernen gebaut, auch bei den Materialien bemühte man sich um Detailtreue. Es gab einen Haustyp wie im Ruhrgebiet und einen nach dem Vorbild der Bauten in Ost- und Norddeutschland. Hochgezogen wurden die Häuser durch Häftlinge des Utah State Prison. Ausstatter eines Hollywood-Studios mussten die Wohnungen originalgetreu im deutschen Stil ausstatten. Und immer wieder wurden die Holzkonstruktionen mit Wasser besprüht, um deutsche klimatische Verhältnisse zu simulieren. Die Ergebnisse müssen zufriedenstellend gewesen sein: Mindestens dreimal musste „Klein-Berlin“ nach erfolgreicher Bombardierung wiederaufgebaut werden. Andreas Conrad

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