Von Alexander Fröhlich: In Wolfsburg „auf dem neuesten Stand“
In der Wahlkampf-Affäre meldet sich Ex-Staatssekretär Karp zu Wort, die Umstände seiner Beurlaubung als Professor bleiben zweifelhaft
Stand:
Potsdam – Der in die CDU-Wahlkampfaffäre in Niedersachsen verstrickte frühere brandenburgische Wissenschaftsstaatssekretär und beurlaubte Wildauer Hochschul-Professor Markus Karp holt zum Befreiungsschlag aus – und wirft neue Fragen auf. Er bezeichnete Vorwürfe als „unwahr“, wonach er seine CDU-Wahlkampf-Einsätze in den Jahren 2002 und 2003 in Wolfsburg, in der Stadt Brandenburg und für den heutigen Bundespräsidenten, zuvor niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff, nie als Nebentätigkeiten angegeben haben soll.
Das Wissenschaftsministerium in Potsdam prüft hingegen die „Aufnahme eines Disziplinarverfahrens“ wegen möglicherweise „unerlaubter Nebentätigkeiten“ und nicht angemeldeter Einkünfte etwa im Wahlkampf der Brandenburger CDU-Oberbürgermeisterin Dietlind Tiemann 2003. Den Anlass dazu gaben Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Braunschweig wegen Untreue, darunter gegen den als Chef der Wolfsburger Stadtwerke beurlaubten Karp, der bis Februar 2003 mehrere Monate den Wahlkampf des damaligen CDU-Fraktionschefs Wulff in Hannover geleitet hatte. Die Straftaten um illegale Wahlkampfhilfe des Unternehmens für die CDU könnten aber verjährt sein.
Nun ließ Karp eine Mitteilung verschicken, die Zweifel nicht restlos ausräumt. Das Wissenschaftsministerium will alles genau prüfen. In Karps Schreiben heißt es: „Ich habe bei der TH Wildau am 23. April 2002 einen Antrag auf Genehmigung einer Nebentätigkeit“ gestellt. „Dieser ist auch bewilligt worden.“ Das geht aus den von Karp verbreiteten Unterlagen hervor. Darin werden die CDU als Auftraggeber und ein Bruttoverdienst von 4000 Euro aufgeführt. Allerdings fehlt bei Karps Unterschrift ein Datum. Der TH-Präsident László Ungvári genehmigte den Antrag am 23. April 2002. Der Beratervertrag auf Honorarbasis lief aber schon ab 1. März 2002.
Ebenfalls als unwahr wies Karp den Verdacht zurück, er habe mit seiner Tätigkeit im Wahlkampf die Oberbürgermeisterin der Stadt Brandenburg, Dietlind Tiemann (CDU), 2003 Nebeneinkünfte erzielt. „Ich habe diesen Wahlkampf sechs Monate ehrenamtlich in meiner Freizeit begleitet und dafür ausschließlich Auslagen erstattet bekommen“ – für die Produktion eines Magazins und die Fahrten zwischen Wolfsburg und Brandenburg. Zum Beweis machte Karp Belege öffentlich. Nichts sagte er zu den Vorwürfen, er hätte Mitarbeiter, Dienstwagen und Telefone auf Kosten der Stadtwerke Wolfsburg für die Tiemann-Kampagne genutzt.
Undurchsichtig bleiben auch die Umstände, wie Karp nach knapp 14 Monaten als Staatssekretär am 1. Januar 2006 für einen Tag wieder Professor an der TH Wildau und sogleich beurlaubt wurde – pikanterweise alles unter der damaligen Wissenschaftsministerin Johanna Wanka (CDU), die das gleiche Ministeramt nun in Niedersachsen inne hat. Karp hatte Wanka persönlich über seinen Wunsch informiert, „aus persönlichen Gründen“ wieder nach Wildau zurückzukehren. Am 16. Dezember 2005 beantragte er bei ihr gemäß „Ihrer Zusage“ eine Rückernennung zum Professor und die Versetzung nach Wildau. Karp wusste da aber schon von seinem neuen Vorstandsposten in Wolfsburg. Parallel beantragte Karp am 7. Dezember seine Beurlaubung, was TH-Präsident Ungvári einen Tag später bis Ende Dezember 2010 bewilligte, dann nochmals sogar bis 2015 verlängerte. Ungvári wünschte Karp viele Erfolg bei den Wolfsburger Stadtwerken, durch den „vorübergehenden Wechsel“ ließen sich „detaillierte Kenntnisse über die Arbeit von Dienstleistungsunternehmen auf dem neuesten Stand halten“. Das Wissenschaftsressort sieht aber einen Schaden von 90 000 Euro. Denn für Karp sind nach dessen Wechsel nach Wolfsburg keine Versorgungszuschläge gezahlt worden – immerhin 30 Prozent der Bezüge als Professor. Denn Karp hat trotz Beurlaubung als Beamter seit 2006 Pensionsansprüche erworben. „Falsch“, sagt Karp, er müsse nicht mit Rückforderungen rechnen, hätte auf alle Ansprüche verzichtet, alles angeblich ein technischen Fehler. Dem widersprach Wissenschaftsstaatssekretär Martin Gorholt. Den PNN sagte er gestern: „Herr Karp hat zwei Briefe bekommen, 2006 und 2008, wonach die Zeit der Beurlaubung an der TH Wildau als ruhegehaltsfähige Dienstzeit anerkannt wird.“ Karp habe aber auf diese Ansprüche nicht verzichtet. Den Fehler vermutet das Ministerium bei der Wildauer Hochschule, die soll bis Dienstagabend die Umstände der Beurlaubung offen legen.
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